Wirtschaftspolitik
»Unsere Industrie steht vor großen Herausforderungen: Steigende Energiekosten und steigende Bauzinsen. Hinzu kommt der Fachkräftemangel. Die Bauaufgaben der Zeit bleiben aber die Gleichen: Ausbau der Infrastruktur, Energiewende und Wohnungen sind immer noch so wichtig wie zuvor – und ohne die heimische Baustoffindustrie nicht umsetzbar.«
Peter Röhm, Röhm Kies GmbH & Co. KG, Wendlingen,
Präsident des ISTE
Dafür stehen wir
Das Funktionieren unserer Wirtschaft hängt nicht nur vom unternehmerischen Können ab. Auch die Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Industrie müssen stimmen. Der ISTE wirkt aktiv mit, die Wirtschaft unseres Landes leistungsfähig zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern.
In Baden-Württemberg gibt es über 500 Unternehmen, die mineralische Rohstoffe gewinnen und weiterverarbeiten oder gebrauchte mineralische Rohstoffe gewinnen und weiterverarbeiten. Insgesamt geschieht dies in rund 800 Werken mit 15.000 Beschäftigten. Die Branche erwirtschaftet einen Gesamtumsatz von rund fünf Milliarden Euro pro Jahr im Land.
Je Einwohner:in und Jahr müssen etwa zehn Tonnen Gestein aus der Natur entnommen werden, damit beispielsweise Häuser, Bürogebäude, Straßen, Bahnlinien und Radwege gebaut werden können. Insgesamt werden so jährlich je nach Konjunktur landesweit zwischen 90 und 110 Mio. Tonnen mineralische Rohstoffe gewonnen.
Gebrauchte Baustoffe werden durch Baustoffrecycling und Verwertung im Kreislauf gehalten. So werden heute bis zu 90 Prozent des Bauschutts und des Straßenaufbruchs wiederverwertet.
Der ISTE steht für heimische Rohstoffe und heimische Märkte, für dezentrale Strukturen und kurze Transportwege sowie für einen nachhaltigen und sparsamen Umgang mit Ressourcen.
Der ISTE vertritt die Interessen seiner Mitglieder bei Gesetzgebungen und Verordnungen des Landes und des Bundes. Er ist zu allen wirtschaftlichen und politischen Themen im Gespräch mit dem Parlament, der Regierung und der Verwaltung des Landes Baden-Württemberg. Diese Gespräche finden auch mit den Bürgerinnen und Bürgern des Landes statt.
11,37 Mrd. Euro für Straßenbauprojekte aus dem Bundesverkehrswegeplan
Mit einem Teil dieser Mittel sind in Baden-Württemberg laufende, fest disponierte und neue Vorhaben des vordringlichen Bedarfs dringend zu verwirklichen, um die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern.
Die Straße erbringt 70 % aller Gütertransportleistungen sowie über 85 % der Leistungen für den Personenverkehr und ist damit der Hauptverkehrsträger unseres Landes, der zur Versorgung, Mobilität und zum Wohlstand aller Bürger:innen beiträgt.
Die vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg vorgenommene Priorisierung muss so umgesetzt werden, dass es zu einem zeitnahen und dauerhaft verstetigten Straßenbau kommt. Dies führt wiederum zu einer gleichmäßigen Auslastung bei der Produktion der Straßenbaustoffe. Nur so können die Baustellen zuverlässig, dauerhaft und sicher versorgt werden. Damit wird das Ziel des Bundesverkehrswegeplanes in der Zukunft erreicht werden.
Wir werden uns auch in Zukunft gemeinsam mit der Aktion Pro Mobil und dem Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie e.V. (LVI) sowie den Industrie- und Handelskammern dafür einsetzen, dass die Mobilität heute und in der Zukunft ideologiefrei, intelligent und bezahlbar bleibt.
Das Dach über dem Kopf darf nicht zum Luxusgut werden
Der Wohnungsbau wurde in Baden-Württemberg jahrelang leichtfertig vernachlässigt. Vor allem in den Ballungszentren steigen die Mieten. Junge Familien, Senior:innen und gering verdienende Menschen sind vom Wohnungsmangel in den Ballungsräumen besonders betroffen. Der ISTE setzt sich gemeinsam mit der Initiative „Impulse für den Wohnungsbau“ im Land und auf Bundesebene für eine bessere Wohnraumpolitik ein. Die Frage, ob Holz oder Stein verwendet werden sollen, ist angesichts der Defizite im Wohnungsbau nachrangig. Die Politik sollte sich um die nötigen Rahmenbedingungen kümmern und die Baustoffwahl den Bauherren, Architekt:innen und Ingenieur:innen überlassen.
Um die vielfältigen Vorteile des Massivbaus stärker in den öffentlichen und wissenschaftlichen Fokus zu rücken, sind wir Mitglied bei solid UNIT, dem Netzwerk für innovativen Massivbau.
Weitere Informationen: www.impulse-fuer-den-wohnungsbau.de, www.solid-unit.de.
Energie muss verfügbar und bezahlbar bleiben
Baden-Württemberg hat eine einmalige Wirtschaftslandschaft. Nicht nur die Bevölkerung sondern auch die Unternehmen müssen weiter sicher und bezahlbar mit Energie versorgt werden. Erdgas muss – wo möglich – eingespart bzw. substituiert werden, um die Gasmangellage zu meistern. Es gibt allerdings in unserer Industrie Produkte, die systemrelevant sind, z.B. Kalkmehle für die Rauchgasentschwefelung der Kohlekraftwerke oder die Trinkwasseraufbereitung. Stark steigende Energiekosten oder mangelnde Verfügbarkeit von Energie wird fatale Auswirkungen auf zahllose Lieferketten und unser gesamtes Wirtschaftssystem haben.
Auf Bundesebene werden unsere Interessen durch den Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V. (bbs) und im Land durch den Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie e.V. (LVI) vertreten. In beiden Verbänden ist der ISTE eingebunden und beide Verbände unterhalten Arbeitsausschüsse zum Thema Energie und Energiepolitik.
Weitere Informationen unter www.energieintensive.de
Wirtschaftspolitik – Entwicklungen und Aktivitäten
Konjunktur Baden-Württemberg Zum Artikel
Hauptverband Bauindustrie Zum Artikel
Wohnungsbaupolitik Zum Artikel
Energiepolitik Zum Artikel
Floating PV Zum Artikel
Preiserhöhungen und Unterbrechungen in den Lieferketten der Steine- und Erdenindustrie vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges Zum Artikel
Forderungen an die Politik Zum Artikel
Konjunktur Baden-Württemberg
Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im Gesamtjahr 2021 um 3,4 %. Nach einem massiven Einbruch im Vorjahr kam es in diesem Jahr zu einem Anstieg im 2. Quartal um 13,3 % Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Deutlich ausgeglichener verlief das Jahr auch im 3. Quartal mit einem saison- und arbeitstäglich bereinigten Anstieg von 0,5 % im Vergleich zum Vorquartal. Die anschließende Erholung im 3. Quartal betrug 10,3 % im Vergleich zum Vorquartal. Zum Jahresende erholte sich die Wirtschaft mit einem Plus von 1,2 im Vergleich zum Vorquartal weiter.
Der L-Bank-Geschäftsklimaindex stabilisierte sich im ersten Quartal 2021, bevor er im März aufgrund des Ukraine-Krieges wieder stark sank. Bei einem Prognosehorizont bis August 2022 deutet er auf eine Abnahme der Wirtschaftsleistung hin.
Der Index der Verbraucherpreise lag im Mai 2022 um insgesamt 7,4 % über dem Niveau im Mai 2021. Eine so hohe Zunahme gab es zuletzt im Jahr 1993. Im Vergleich zum Jahresdurchschnitt 2020 lag der Verbraucherpreisindex im Jahr 2021 3 % höher. Eine wesentliche Ursache für die Teuerung im aktuellen Beobachtungszeitraum lag in den deutlich gestiegenen Energiepreisen.
Im Corona-Jahr 2021 verzeichnete die Baubranche im Land laut der Bauwirtschaft Baden-Württemberg eine heterogene Entwicklung. Insgesamt erwirtschaftete die Baubranche im Jahr 2021 knapp 14,5 Mrd. Euro, verglichen zum Vorjahr ergab sich somit ein leichtes Umsatzplus von 0,6 %. Preisbereinigt liegen die Umsätze jedoch deutlich im Minus, da die Preissteigerung im Jahresdurchschnitt bei 8 % lag. Besonders im Bereich des öffentlichen Hochbaus (-5,5%) und des Wohnungsbaus (-1,4 %) konnte jeweils das größte Minus festgestellt werden – beides Bereiche, die im Vorjahr noch zu den Sparten mit den größten Zuwächsen zählten. Das größte Umsatzplus war im Wirtschaftsbau mit 3,1 % zu verzeichnen. Ein weiteres leichtes Plus verbuchte der Straßenbau (Quelle: Bauwirtschaft BW Bilanz 2021).
Der Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e. V (bbs) fasste die Bauinvestitionen bundesweit folgendermaßen zusammen: „Die Bauinvestitionen sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen – von 2016 bis 2020 um durchschnittlich 2,7% pro Jahr. Dabei war auch 2020, trotz der pandemiebedingten Verwerfungen, ein Zuwachs von 2,3% zu verzeichnen; allerdings dürfte sich die Wachstumsdynamik durch Nachfrageveränderungen etwa im Wirtschaftsbau nun kurzfristig reduzieren. Dennoch ist der Aufwärtstrend im Bau angesichts der erheblichen baupolitischen Herausforderungen, etwa im Hinblick auf den Wohnungsmangel in Großstädten und die notwendige Erneuerung der öffentlichen Infrastruktur, alles in allem weiterhin intakt.“ Jedoch stellt der Verband eine immer schwächere Korrelation zwischen Baukonjunktur und Baustoffnachfrage fest. Dies sei auf „geringere Materialintensitäten im Bau zurückzuführen“. (QUELLE: JAHRESBERICHT BBS)
Die Auftragslage war mit einem Plus von 24,4 % deutlich höher als im Vorjahr – und das über alle Bausparten hinweg. Besonders im Bereich des öffentlichen Baus (+23,9%) und des Wirtschaftsbaus (+34,7 %) konnte jeweils ein größerer Zuwachs festgestellt werden. Beim Wohnungsbau gab es ein Plus von 6,5 % im Vergleich zum Vorjahr.
Vor allem der Ukraine-Krieg beeinflusst immer mehr die Baukonjunktur, laut der Bauwirtschaft BW: „Als größtes Problem für ihre Bautätigkeit bezeichnen 82 % der Firmen die aktuellen Lieferschwierigkeiten bei Baumaterial. Vor allem Stahlprodukte, aber auch Kunststoffe, Bauholz und Bitumen sind derzeit nur eingeschränkt verfügbar. 98 % der Betriebe melden erheblich gestiegene Preise insbesondere für Stahl, Bitumen und Holz. Auch massiv gestiegene Dieselpreise machen den Unternehmen zu schaffen. Mehr als vier Fünftel der Mitgliedsbetriebe gehen davon aus, dass die Einkaufspreise in den kommenden Monaten weiter ansteigen werden.[KM1] “ Dadurch fürchteten zahlreiche Bauunternehmen Stornierungen von Aufträgen, so der Verband.
Für das restliche Jahr 2022 ist der bbs (Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V.) in seiner Prognose verhalten. So geht er davon aus, dass die hohen Energiepreise und die Versorgungsunsicherheit belastend wirken werden. Vor allem Lieferengpässe bei Baumaterialien wie Stahl und Bitumen würden die Zuversicht bremsen. „Zusätzlich verschlechtern sich die Finanzierungsbedingungen. Insofern dürfte sich die Baustoff-Steine-Erden-Produktion 2022 in Abhängigkeit vom weiteren Krisenverlauf maximal auf dem Niveau des Vorjahres bewegen.“ (QUELLE: Konjunkturspiegel Quartal I. 2022, bbs).
Hauptverband Bauindustrie
Das deutsche Bauhauptgewerbe verzeichnet Schwierigkeiten für Bauunternehmen aufgrund der enorm gestiegenen Rohstoffpreise. So lagen die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte im Mai 2022 um 22,6 % höher als noch im Mai 2021. Vor allem bei öffentlichen Auftraggebern führe das zu schwierigen Verhandlungen, wenn über die Kostenbeteiligung gesprochen werde, so der Verband. Daher bräuchte es eine faire Neugestaltung der Regelungen des Bundes, sich an den Mehrkosten zu beteiligen.
Aufgrund der enorm gestiegenen Rohstoffpreise zieht das Bauhauptgewerbe auch ein gespaltenes Fazit: Die Auftragslage sei mit einem Auftragsbestand von 64,3 Milliarden Euro so hoch wie noch nie, die Unternehmen des Bauhauptgewerbes meldeten jedoch ein kalenderbereinigtes Minus von 4,4 %. Laut dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. befürchtet daher auch das Bauhauptgewerbe Auftragsstornierungen: Schon im Januar 2022 sei die Auftragslage um 10,8 % im Vergleich zum Vormonat zurückgegangen.
Vor dem Ukraine-Krieg hatte der Verband in Bezug auf das Jahr 2021 sowie 2022 noch positive Entwicklungen vermeldet: „Die Bauunternehmen konnten sich zum Jahresende 2021 noch über einen warmen Auftragsregen freuen. Sie meldeten für den Dezember im Vormonatsvergleich ein reales Orderplus von 24,1 Prozent zum Vorjahresmonat von 12,2 Prozent. Das Gesamtjahr schließt damit mit einem Plus von real 2,3 Prozent, nominal von 9,4 Prozent. Für das laufende Jahr sei der Verband aber optimistischer, schließlich habe die Öffentliche Hand im Dezember 2021 noch etliche Aufträge (nominal + 28,6 Prozent) vergeben, der Auftragseingang läge damit für das Gesamtjahr nominal endlich im Plus (+ 2,7 Prozent)."
Die Baustoff-, Steine- und Erdenindustrie gewinnt in Deutschland jährlich rund 550 Mio. Tonnen mineralische Rohstoffe. Bezogen auf die Menge entfällt damit der mit Abstand größte Anteil der gewonnenen Rohstoffe auf Steine und Erden. So kann der weit überwiegende Teil des heimischen Steine- und Erden-Bedarfs abgedeckt werden – im Gegensatz etwa zu Energierohstoffen und Erzen, die eingeführt werden müssen.
In Baden-Württemberg beträgt die Fördermenge ca. 90 bis 110 Mio. Tonnen pro Jahr. Seit dem Ende der Wirtschaftskrise 2009 hat sich die Baustoffnachfrage stabilisiert; die Produktion steigt seit einigen Jahren tendenziell leicht an. Gleichwohl hat sich die Baustoffnachfrage teilweise von der Bautätigkeit entkoppelt: Die Bauinvestitionen haben seit ca. 2010 in der Summe deutlich stärker zugenommen als die Baustoffproduktion. Diese Diskrepanz ist u. a. auf die steigende Bedeutung der weniger materialintensiven Erhaltungsinvestitionen im Tiefbau sowie den höheren Anteil der technischen Gebäudeausrüstung an den Baukosten zurückzuführen, mit dem der Anteil des Steine-Erden intensiven Rohbaus sinkt.
Die Baunachfrage im Land ist weiterhin auf hohem Niveau. Jedoch fürchten viele Bauunternehmen Auftragsstornierungen aufgrund der stark gestiegenen Rohstoffpreise. „Auch im kommunalen Bereich sehen viele Baufirmen die Gefahr, dass wegen der explodierenden Materialpreise bestehende Aufträge storniert und Investitionen zurückgefahren werden.", so die Bauwirtschaft Baden-Württemberg.
Die eigentlich positiven Zahlen – zum Beispiel für den Februar 2022 – relativieren sich durch die massiven Lieferschwierigkeiten: „Demnach stieg der Umsatz im baden-württembergischen Bauhauptgewerbe im zweiten Monat dieses Jahres zwar um 8,8 %, die Auftragseingänge nahmen sogar um 18,3 % zu." Das würde jedoch wenig nutzen, wenn die Rohstoffe nicht zu bekommen wären, so der Verband.
Die Entwicklungen sind damit zweischneidig: Die baden-württembergische Bauwirtschaft verzeichnet laut dem Verband im ersten Quartal dieses Jahres zweistellige Zuwächse bei den Auftragseingängen – mit Ausnahme des Wirtschaftshochbaus. „Über alle Bausparten hinweg stieg die Nachfrage im März um 23,1 %. Bei den Umsätzen gab es im selben Monat ein Plus von 8,9 %. Lediglich der öffentliche Hochbau sowie der sonstige Tiefbau rutschten umsatzmäßig ins Minus."
Nach den Ergebnissen der Bautätigkeitsstatistik des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg wurden von Januar bis März 2022 10.648 Baufreigaben für Neubauwohnungen, 275 Wohnungen in Nichtwohngebäuden sowie 1.477 Bestandswohnungen, bei denen Umbaumaßnahmen erfolgen, erteilt. Das ist ein Minus von 18 Prozent zum Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Der Baupreis ist im ersten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum angestiegen. Bei Wohngebäuden insgesamt um 14,1 % – im Vergleich zu 2,3 % im Vorjahr. Der Preis beim Straßenbau stieg um 5,6 % (Vorjahr: 0,3 %).
Wohnungsbaupolitik
Schnell ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, bleibt auch dieses Jahr eine der zentralen Herausforderungen für Politik und Gesellschaft. Denn der Wohnungsmarkt in Baden-Württemberg ist immer noch stark angespannt. Im Jahr 2021wurden etwas weniger Wohnungen gebaut als noch im Vorjahr. So lag die Zahl der Baufertigstellungen bei 36.752 – ein Rückgang von 1,4 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der Baugenehmigungen stieg indes um 8 % – was zeigt, dass die Nachfrage immer noch ungebrochen ist.
Die Prognosen für 2022 sind weiterhin ungewiss: Zu unsicher ist die Situation in Folge des Ukrainekrieges und der damit verbundenen Rohstoffknappheit. Die Bauwirtschaft zeigt sich dennoch leicht optimistisch: „Wir brauchen nun mal dringend mehr Wohnungen, vor allem im sozialen Wohnungsbau. Die Flüchtlingswellen aus dem Osten verstärken das Problem. 50.000 neue Wohneinheiten sollen laut Vorgabe des Bundesbauministeriums in Baden-Württemberg pro Jahr entstehen. Da müssen unsere Baubetriebe sicher noch eine Schippe drauflegen. Aber das können wir leisten. Solange es zu keinem kompletten Stopp bei der Materialzufuhr kommt, wird weitergebaut“, so Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, Thomas Möller.
Der ISTE möchte sich daher am Strategiedialog „Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen“ beteiligen, den die Landesregierung initiiert. Hier wird ein landesweites Netzwerk zusammengebracht, um Antworten auf die zentralen Fragen zu finden. Zum Beispiel: Wie können wir bezahlbaren Wohnraum schaffen und gleichzeitig das Klima schützen? Hier müssen auch die zum Bauen benötigten Materialien besprochen werden – und deren regionale und ressourcenschonende Gewinnung sowie Verwendung.
Da ohne die Steine- und Erdenindustrie keine bezahlbaren Wohnungen und Häuser, öffentliche Einrichtungen sowie eine leistungsfähige Infrastruktur gebaut werden können, möchte sich der ISTE gezielt in diesen Dialog einbringen.
Energiepolitik
Der ISTE vertritt seine Mitglieder auch in der Energiepolitik. Dieses Feld, das nicht nur in unserer Branche ganz besonderer Aufmerksamkeit bedarf, bearbeitet der ISTE nicht selbst. Vielmehr werden die Interessen der Steine- und Erdenindustrie in der Energiepolitik durch Fachleute im Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V. vertreten und im Land durch die Kolleg:innen des Landesverbands der Baden-Württembergischen Industrie e.V.
Für die Energieberatung und Auskunft in einzelnen Fragen stellt der ISTE für die Mitglieder auf Wunsch Kontakte zu Fachleuten aus seinem Netzwerk her.
Floating PV
Deutschland muss seine Geschwindigkeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich erhöhen. Ein Baustein sind schwimmende Photovoltaik-Anlagen auf Baggerseen. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg hat ergeben, dass im Land zahlreiche Baggerseen für schwimmende PV-Anlagen besonders geeignet sind.
Deutschland muss seine Geschwindigkeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich erhöhen. Ein Baustein sind schwimmende Photovoltaik-Anlagen auf Baggerseen. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg hat ergeben, dass im Land zahlreiche Baggerseen für schwimmende PV-Anlagen besonders geeignet sind. Auf der Fläche von zusammengerechnet 2000 Hektar in Baden-Württemberg könnte rund ein Gigawatt Strom erzeugt werden. Das würde der Leistung eines Kohle-Kraftwerks entsprechen. Um das Potenzial von schwimmenden PV-Anlagen auszuschöpfen, braucht es vereinte Kraftanstrengung.
Die Unternehmen der Steine- und Erdenindustrie sind bereit sehr viel mehr zu leisten als die Bundespolitik es zulässt. Die Bundesregierung hat im Rahmen des sogenannten Osterpakets die Rahmenbedingungen für schwimmende PV-Anlage auf Seen massiv gestört, dabei schwimmende PV-Anlagen auf 15 Prozent der Seefläche beschränkt und 40 Meter Abstand zum Ufer festgelegt. Diese Beschränkungen sind zu starr und restriktiv. Denn sie führen dazu, dass das tatsächliche Potenzial von relativ konfliktarmen PV-Anlagen auf Baggerseen deutlich unter dem Leistbaren und für die Energieversorgung Notwendigem bleibt. Vor dem Hintergrund, dass Baden-Württemberg topologisch wenig erneuerbare Energien aus Windkraft ziehen kann, hat das einen großen Einschnitt im Energiewendevorhaben zur Folge.
Daneben stoßen die ISTE-Mitgliedsunternehmen bei der Zulassung von schwimmende PV-Anlagen auf große Hindernisse, da es kein einheitliches Vorgehen für die Genehmigungsverfahren gibt. Ein entsprechender Leitfaden der Verwaltung wäre dringend erforderlich und seitens der Wirtschaft gewünscht. Der ISTE wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen angepasst und die Genehmigungsverfahren standardisiert werden.
Preiserhöhungen und Unterbrechungen in den Lieferketten der Steine- und Erdenindustrie vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges
Der ISTE hat gemeinsam mit dem Bundesverband Mineralische Rohstoffe e.V., dem Bundesverband der Deutschen Transportbetonindustrie e.V. und den Landesverbänden BIV, UVMB, vero, VBS und VSE ein Gutachten zu den rechtlichen Möglichkeiten zur Anpassung von Verträgen angesichts steigender Kosten sowie zur künftigen Vertragsgestaltung vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges beauftragt. Das Gutachten wurde von Rechtsanwalt Dr. Ralf Müller-Feldhammer (DRES. HICKER · HAMMER · MÜLLER-FELDHAMMER Rechtsanwälte und Steuerberater) erarbeitet.
Am 07.04.2022 wurde von den beteiligten Verbänden die digitale Informationsveranstaltung „Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten für Verträge vor dem Hintergrund der aktuellen ökonomischen Entwicklungen“ organisiert, in der RA Dr. Ralf Müller-Feldhammer sowohl sein Gutachten präsentierte wie auch auf Fragen der Teilnehmenden einging.
Dem Gutachten können die Empfehlungen entnommen werden, in künftige Verträge eine sogenannte „Preiselementeklausel“ sowie eine „Höhere Gewalt Klausel“ aufzunehmen. Formulierungsvorschläge dazu sind im Gutachten enthalten. Sofern in bereits abgeschlossenen Verträgen solche Regelungen nicht enthalten sind, ist eine Vertragsanpassung bzw. -aufhebung über das Rechtsinstitut Wegfall der Geschäftsgrundlage möglich, was jedoch immer im Einzelfall zu bewerten ist.
Das Gutachten mit dem Titel „Preiserhöhungen und Unterbrechungen in den Lieferketten der Steine- und Erdenindustrie – Gesetzliche Regelungen und vertragliche Gestaltungen vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges“ sowie eine Aufzeichnung der digitalen Informationsveranstaltung vom 07.04.2022 sind für ISTE-Mitglieder im internen Mitgliederbereich abrufbar.
Forderungen an die Politik
- Investitionshochlauf weiterführen sowie Überschüsse aus öffentlichen Haushalten verstärkt in Investitionen fließen lassen
- Planungsbeschleunigung voranbringen
- Nutzerfinanzierung ausbauen
- Bereitstellung und Verstetigung der Mittel zum Bau der wichtigen Projekte des Bundesverkehrswegeplans (A 8 Albaufstieg, A 6 bis zur Landesgrenze)
- Erhöhung der Planungsmittel an die Länder durch den Bund
- Erprobung von innovativen Fahrzeugkonzepten in der Baustoffindustrie (5-Achser mit 40 Tonnen)
- Engagement der Landesregierung in Berlin für alle Verkehrsträger
- Erhöhung der Planungs- und Projektmanagementkapazitäten in der Straßenbauverwaltung
- Bereitstellung ausreichender Mittel für die Sanierung von Brücken im Zuge der Sanierung von Landesstraßen
- Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren durch eine Verbesserung der Personaldecke in den Behörden sowie die konsequentere Einführung digitalisierter Prozesse und die Einrichtung eines Investitionsfonds, der die Umsetzung bereits genehmigter Bauvorhaben sicherstellt und einen temporären Einbruch der öffentlichen Bauinvestitionen von Bund, Ländern und Kommunen wirksam verhindert
- Erhöhung der Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau auf mindestens 3 Mrd. Euro pro Jahr und anteilige Absicherung durch Bund und Länder
- Dauerhafte Verbesserung der Abschreibungsbedingungen im Mietwohnungsbau durch die sachgerechte Anhebung der AfA von 2 % auf 3 % sowie die Schaffung eines weiteren Förderinstruments für vom Wohnungsmangel betroffene Regionen
- Dauerhafte Stärkung des selbstgenutzten Wohneigentums durch die schnelle Umsetzung der im Koalitionsvertrag enthaltenen Bürgschaftsprogramme und der vorgesehenen Einführung eines Grunderwerbsteuer-Freibetrags für den Ersterwerb von neugebautem selbstgenutztem Wohneigentum.
- Verbesserung der Förderung energetischer Sanierungen beispielsweise durch die Ausweitung auf vermietete Wohngebäude oder verbesserte Zuschussregelungen sowie die Berücksichtigung von Ersatzneubau, wenn dieser nachweislich die ressourceneffizientere und wirtschaftlichere Alternative zur Modernisierung ist
- Absenkung der Grunderwerbssteuer von bisher 5 % vor allen Dingen für den Grunderwerb eigengenutzter Immobilien zur Stärkung der Eigentumsquote im Land Baden-Württemberg
- Beendigung der einseitigen Förderung und Marketing für den Baustoff Holz durch die Landesregierung.
- Energiewende bezahlbar gestalten
- Keine nationalen Alleingänge beim Klimaschutz
- Industrielle Basis sichern
- Kosteneffiziente Umsetzung der Energiewende
- Gewährleistung der Versorgungssicherhei
- Wettbewerbsfähige Ausgestaltung der Energiebesteuerung, des Emissionshandels und des EEG
- Investitionsfreundliche Regelungen zur Förderung des energieeffizienten Bauens und Wohnens