Tarifpolitik und Arbeitsrecht

Das Porträtbild eines Mannes um die 60.

»Die tarifgebundenen Unternehmen stehen für einheitliche und faire Arbeitsbedingungen zum Nutzen der Branche. Und die jüngste Modernisierung der Entgeltstrukturen steigert darüber hinaus die Wettbewerbsfähigkeit der tarifgebundenen Betriebe.«

Martin Kronimus, Kronimus AG, Iffezheim,
Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses (SPA) des ISTE


Dafür stehen wir

Der ISTE steht für faire und marktgerechte Arbeitsbedingungen in unserer Branche. Der ISTE steht für die Regelung einheitlicher Arbeitsbedingungen
im Flächentarifvertrag und über die Branchenzweige hinweg. Der ISTE setzt sich für branchenspezifische Lösungen ein, wo dies erforderlich ist, z. B. in Form der Arbeitszeitflexibilisierung über den gesamten, zwölfmonatigen Jahreslauf oder die Möglichkeit witterungsbedingter Kündigungen, die selbstverständlich immer mit der Wiedereinstellungszusage verbunden sind. 

Die Tarifpolitik ist ein Herzstück der Arbeit des ISTE. Der ISTE schließt als Arbeitgeberverband – derzeit mit der IG BAU – die branchenspezifischen Flächentarifverträge für die Beschäftigten der Steine- und Erdenindustrie in Baden-Württemberg ab. Diese Tarifverträge finden bei einem Großteil der Arbeitsverhältnisse unserer Branche Anwendung.

Tarifpolitische Rahmenbedingungen

In Deutschland werden Entgelte und Arbeitszeiten von den Tarifvertragsparteien grundsätzlich ohne staatliche Einflussnahme ausgehandelt. Grundlage ist die in Art. 9 des Grundgesetzes geregelte Koalitionsfreiheit: „Das Recht zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.” 

Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns und damit verbundener Regelungen zur Tarifautonomie ist dieses Grundrecht spürbar eingeschränkt worden. Noch entscheiden aber die Tarifvertragsparteien in Deutschland maßgeblich über Höhe und Entwicklung des Personalaufwandes und damit über gut 70 Prozent des Volkseinkommens. 

Der Branchentarifvertrag gibt den Arbeitsverhältnissen einen verlässlichen Rahmen. Er entlastet die betrieblichen Arbeitsbeziehungen von Konflikten und erspart den Unternehmen erheblichen eigenen Aufwand bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Für den Branchentarifvertrag sprechen also überzeugende Argumente:

Der Branchentarifvertrag

  • hält weitgehend Konflikte aus den Betrieben heraus und sichert so den Betriebsfrieden,
  • nimmt den Unternehmen die zeit- und kostenintensiven Tarifverhandlungen ab, 
  • ist bei der Regelung komplexer Rechtsmaterien vor allem für kleine und mittlere Betriebe eine große Entlastung, 
  • ermöglicht durch die Friedenspflicht während der Laufzeit störungsfreie Lieferbeziehungen, 
  • kann auch gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigen.

Gemessen an diesen Zielen müssen die Tarifverträge fortlaufend den sich ändernden Bedingungen angepasst und modernisiert werden. So haben die Tarifvertragsparteien IG BAU und ISTE in den Jahren 2022 und 2023 in intensiver Zusammenarbeit die Entgeltstrukturen grundlegend erneuert und ein einheitliches Entlohnungssystem für gewerblich und angestellt Beschäftigte geschaffen, das vollständig durchgängig und bildungswegoffen die Basis für eine leistungsangemessene, differenzierte und gerechte Tarifvergütung bildet.

Das Entlohnungssystem bietet Entwicklungsmöglichkeiten und damit Leistungsanreize und zugleich für beide Arbeitsvertragsparteien die Sicherheit eines Tarifvertrags. Im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte und die Entwicklungsmöglichkeiten des Betriebs ein hoch geschätzter Vorteil.

Auch auf der Bundesebene vertritt der ISTE die Interessen seiner Mitglieder im Bereich der Tarifpolitik über die Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft Steine und Erden (SPA) mit Sitz in Berlin.

Rat und Tat in Einzelfällen

Der ISTE bietet seinen Mitgliedern, ob mit oder ohne Tarifbindung, alle Leistungen des klassischen Arbeitgeberverbandes und damit umfassende Rechtsberatung im Arbeits- und Sozialrecht. Dazu gehört die schnelle und fundierte arbeits- und sozialrechtliche Beratung und Vertretung durch eigene Fachjuristen

  • bei der Vertragsgestaltung,
  • bei der Vertragsbeendigungen, wo möglich im Wege einvernehmlicher Lösungen, wo nötig durch Kündigung,
  • bei Konflikten über Arbeitsbedingungen, ganz überwiegend außergerichtlich, wo nötig vor den Arbeitsgerichten, 
  • in behördlichen Verfahren, zum Beispiel beim Integrationsamt,
  • in Verhandlungen und Verfahren nach dem Betriebsverfassungsgesetz,
  • in Verhandlungen mit Sozialversicherungsträgern (zum Beispiel Rentenversicherung, Berufsgenossenschaft,...) oder
  • in Verhandlungen mit der Gewerkschaft.

Besonders kleinere und mittlere Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilungen profitieren von den zusätzlichen Leistungen für die tägliche Personalarbeit, wie

  • dem kostenlosen Zugang zu branchenspezifischen und auf die Tarifverträge abgestimmten Mustern, zum Beispiel Arbeitsverträge, Aufhebungsverträge, Abmahnungen/Korrekturvereinbarungen oder Zusatzvereinbarungen, z.B. zur Kurzarbeit,
  • regelmäßige Schulungen, gezielt auch für fachfremde Verantwortungsträger der Mitgliedsunternehmen.

Die individuelle Beratung ist nicht nur für die Mitglieder eine wichtige Dienstleistung. Für den Verband ist sie auch ein Instrument, um ggf. von generellen (Fehl-)Entwicklungen zu erfahren, die dann auf politischer Ebene, in Tarifverhandlungen und nötigenfalls auf dem Rechtsweg im Interesse aller Mitglieder umgekehrt, kompensiert oder vorteilhaft gestaltet werden müssen.

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Tarifpolitik und Arbeitsrecht – Entwicklungen und Aktivitäten

Tarifverhandlungen und Tarifabschluss 2023/2024   Zum Artikel

Einigung auf einen modernen Entgeltrahmentarifvertrag   Zum Artikel

Einzelberatung, Prozessvertretung und Mediation   Zum Artikel

Ausbildungskampagne „Bock auf Steine?“   Zum Artikel

Forderungen an die Politik   Zum Artikel


Tarifverhandlungen und Tarifabschluss 2023/2024
Zweijahresabschluss in der dritten Verhandlungsrunde: aktuell 5,9 % mehr Lohn, Gehalt und Ausbildungsvergütung ab dem 1. Juli 2023

Am 15. Juni wurden die diesjährigen Tarifverhandlungen über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen in Esslingen in dritter Runde fortgesetzt. Vorausgegangen waren zwei Verhandlungsrunden. In diesen Runden war es zunächst nicht gelungen, die Vertreter der IG BAU-Kommission zu überzeugen, dass sich die Baustoffkonjunktur in einem Abwärtstrend befindet, der bereits im Jahr 2022 begonnen und sich im Frühjahr 2023 massiv beschleunigt hat, sodass ein kurzfristiger und vollständiger Ausgleich der eingetretenen Kaufkraftverluste nicht möglich sein wird. Parallel einigten sich andere Steine-und-Erdentarifgebiete auf meist zweijährige Tarifabschlüsse mit – gemessen an den konjunkturellen Aussichten – recht starken Entgelterhöhungen.

Trotz stark unterschiedlicher Einschätzungen der Tarifvertragsparteien verliefen die Gespräche zur Entgeltrunde 2023 in sachlicher Atmosphäre. Nach intensiven Verhandlungen in dritter Runde konnte am frühen Abend des 15. Juni schließlich folgender Tarifabschluss vereinbart werden (Eckpunkte):

  1. Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen
             ab dem 1.7.2023 um 5,9 % sowie
             ab dem 1.7.2024 um weitere 3,6 %.
  2. Laufzeit bis 31.05.2025 (24 Monate)
  3. Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie (IAP) i.H.v. 2.000,00 € mit der Abrechnung für Juli 2023 bis spätestens zum 31.08.2023. Teilzeitbeschäftigte erhalten die IAP anteilig mindestens 750,00 €. Azubis erhalten ebenfalls 750,00 € IAP.

Darüber hinaus wurde vereinbart, die bestehenden Regelungen zur Leiharbeit und Übernahme von Azubis nach erfolgreichem Abschluss bei persönlicher und fachlicher Eignung fortzuschreiben. Die Verhandlungskommission des ISTE hat den Abschluss einstimmig angenommen.

Mit Blick auf die augenblickliche Entwicklung in der Baustoffindustrie ist dieser Abschluss sehr schwergefallen, auch wenn er sich nun genau im Rahmen der zahlreichen, in den letzten Wochen im tarifpolitischen Umfeld der Steine- und Erdenindustrie getroffenen Tarifeinigungen hält und auch alle Arbeitgebervertreter anerkannt haben, dass die Beschäftigten wegen der sprunghaften Inflation der letzten Monate kurzfristig eine deutliche Einkommenssteigerung benötigen.

Die Kostenbelastung aus der Tabellenerhöhung berechnet sich aufgrund der vereinbarten Leermonate auf 5,4 % für das Tarifjahr 2023/2024 und auf 3,3 % für das Tarifjahr 2024/2025.

 Carsten Burckhardt (Bundesvorstandsmitglied, IG BAU) und Martin Kronimus (Verhandlungsführer und SPA-Vorsitzender, ISTE) besiegeln den hart errungenen Abschluss.

 Carsten Burckhardt (Bundesvorstandsmitglied, IG BAU) und Martin Kronimus (Verhandlungsführer und SPA-Vorsitzender, ISTE) besiegeln den hart errungenen Abschluss.

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Einigung auf einen modernen Entgeltrahmentarifvertrag
Im März 2022 wiederaufgenommen, konnten die Verhandlungen für eine moderne Entgeltstruktur erfolgreich abgeschlossen werden. Die Tarifvertragsparteien führen ab Januar 2024 einen einheitlichen Entgeltrahmentarifvertrag.
 

Gespräche zur Erneuerung der tariflichen Lohnstruktur fanden mit der IG BAU bereits seit 2016 statt. Nach längerer, zuletzt coronabedingter Unterbrechung konnten die Verhandlungen am 24.3.2022 in Mannheim wieder aufgenommen werden.

Am 22.5.2023 einigten sich die Verhandlungsgruppen in Heidelberg schließlich auf einen neuen einheitlichen Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV) für alle Beschäftigten. Die Tarifvertragsparteien vereinbarten, den in zahlreichen Sitzungen und zuletzt gemeinsam erarbeiteten Entgeltrahmentarifvertrag mit Geltung ab dem 1.1.2024 abzuschließen, einschließlich einheitlicher Entgeltgruppenbeschreibungen für gewerblich Beschäftigte und Angestellte und einem einheitlichen Entgeltgitter. Die zuständigen Tarifkommissionen haben inzwischen das Verhandlungsergebnis angenommen.

Wesentliche Eckpunkte des neuen ERTV:

  • Eingruppierung nach erforderlicher Qualifikation für die zugewiesene Tätigkeit
  • Tätigkeitsbezeichnungen als Richtbeispiele ohne starre Gruppenzuordnung
  • Erfahrungsaufstieg in zwei Stufen je Gruppe
  • Durchgängig bildungswegneutral
  • Keine Trennung zwischen gewerblich und angestellt Beschäftigten

Die Eingruppierung folgt nicht starr nach Tätigkeitsbezeichnungen (Staplerfahrer, Anlagenbediener), sondern der jeweils typischerweise erforderlichen Qualifikation und Erfahrung für die im Rahmen des Arbeitsvertrags zugewiesene Tätigkeiten. Diese Qualifikation wird in den Gruppen jeweils allgemein beschrieben von Anlernzeit über duale Ausbildung bis zum Masterstudium – dies aber stets nur als Maßstab und durchgängig bildungswegoffen.

Weiter differenziert wird anhand der weiter gestuften Merkmale sachlich-fachliche Selbstständigkeit, Personalführung und der Verantwortung für eigene und ggf. fremde Arbeitsergebnisse.

Einzelne Tätigkeiten werden zur Orientierung als Richtbeispiele genannt, bestimmen für sich genommen aber nicht die Zuordnung zu einer Entgeltgruppe. So werden z.B. Kraftfahrer:innen gleich in drei Entgeltgruppen genannt und sind entsprechend der jeweiligen betrieblichen Aufgabenzuweisung und damit verbundenen Anforderungen tariflich unterschiedlichen Entgeltgruppen zugeordnet.

Die Erfahrungsaufstiege nach drei, bzw. fünf Berufsjahren in der Entgeltgruppe bieten einen geordneten und gerechten Rahmen, den Erfahrungszuwachs auch ohne eine grundsätzliche Tätigkeitsänderung zu honorieren. Außerdem bietet das Entgeltgitter so eine Entwicklungsmöglichkeit ohne große, willkürlich erscheinende Entgeltsprünge.

Die aktuell noch geltenden Lohngruppeneinteilungen gehen auf die 1980er Jahre zurück. In den letzten Jahren hat sich zunehmend gezeigt, dass mit den wenigen tariflichen Gruppen und der geringen Spreizung zwischen der niedrigsten und höchsten Gruppe die betriebliche Wirklichkeit kaum noch abzubilden ist. Tätigkeiten haben sich seitdem verändert und die Unterscheidung zwischen gewerblich und angestellt Beschäftigten ist immer weniger möglich und sinnvoll.

Auch in einer Umfrage unter den ISTE-Mitgliedern zur Lohnstruktur hatte sich bestätigt, dass die tariflichen Entgelte besonders im Bereich einfacher Tätigkeiten im Vergleich zu anderen Branchen wie dem Reinigungsgewerbe spürbar zu hoch sind und auch innerhalb der Steine- und Erdenindustrie nicht mehr das Maß der üblichen Vergütung darstellen. Dasselbe gilt für die tariflichen Entgelte für Kraftfahrer.

Dabei sind nach wie vor immerhin 10 % der gewerblichen Arbeitnehmer:innen über alle Fachgruppen hinweg als Helfende mit einfachen Arbeiten beschäftigt. In der Betonfertigteilindustrie sind es mit 20 % erwartungsgemäß die meisten. Die Kraftfahrer:innen machen über alle Fachgruppen sogar 16 % der gewerblich Beschäftigten aus, in der Transportbetonindustrie sind es sogar 62 % der gewerblich Beschäftigten.

Zugleich bietet die aktuelle Lohnstruktur vielfach keine Möglichkeit, um die Tätigkeiten hochqualifizierter, handwerklich-technischer Mitarbeiter einer angemessenen, tarifvertraglichen Einstufung zuzuordnen.

Die Überführung ins neue Entgeltsystem erfolgt über die zuvor vereinbarte Vergütungshöhe, so dass auch im Detail keine Entgelteinbußen eintreten können. Dies fördert die Akzeptanz bei den Beschäftigten und vermeidet weitgehend innerbetriebliche Auseinandersetzungen infolge des Systemwechsels.

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Einzelberatung, Prozessvertretung und Mediation
Beratung und Vertretung vor den Arbeits- und Sozialgerichten gehört zu den selbstverständlichen Leistungen des Verbandes
 

Neben den coronabedingten Herausforderungen der Jahre 2021/2022 gehört die Beratung und Vertretung vor den Arbeits- und Sozialgerichten weiterhin zu den selbstverständlichen Leistungen des Verbandes. Besteht besonderer Beratungsbedarf, der über das Übliche oder für den Verband Mögliche hinausgeht, vermittelt der ISTE bewährte Fachanwälte im Arbeitsrecht, die unseren Mitgliedern zum Teil im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zu besonders günstigen Konditionen zur Verfügung stehen.

Für die Beratung und Begleitung bei nur einer Kündigung und der Vertretung im anschließenden Kündigungsschutzprozess sparen die Mitglieder bei einem Bruttomonatsentgelt des Mitarbeiters von 3.348,00 Euro durch die Unterstützung des Verbandes ca. 2.500 Euro an Anwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Die tägliche Unterstützung unserer Mitglieder reicht von der rechtssicheren Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses bis zur Verhandlung mit dem Betriebsrat über die Einführung der tariflichen Arbeitszeitflexibilisierung im Betrieb.

Erfahrungen und Ereignisse aus der Einzelberatung behandeln wir wie in der Rechtsberatung üblich streng vertraulich. Zu bemerken ist aber, dass einen Schwerpunkt in der Beratungspraxis auch im vergangenen Jahr wieder sehr aufwändige Auseinandersetzungen um fristlose oder sonst verhaltensbedingte Kündigungen bildeten. In diesen Verfahren steht regelmäßig auf allen Seiten wenig Verhandlungsspielraum zur Verfügung, aber viel auf dem Spiel. Ein sehr hohes Maß an Leidensfähigkeit ist seitens der Arbeitgeber gefordert. Ihnen wird nicht selten von den Richtern am Arbeitsgericht in einer sicheren „Hinterher-Betrachtung“ vorgeworfen, sie seien zu Beginn zu nachlässig gewesen und am Ende zu empfindlich. Mit der nötigen Erfahrung, dem Blick für das machbare und (möglichst) frühzeitiger Beratung und Vorbereitung lässt sich dennoch Vieles lösen. Dafür stehen wir den Mitgliedern mit Rat zur Seite.

Betriebsbedingte Kündigungen spielen zuletzt eine ganz untergeordnete Rolle. Daran hat auch die Coronakrise nichts geändert. Der Krieg in der Ukraine hat allerdings bereits jetzt erhebliche Auswirkungen auch auf den Baustoffmarkt, besonders in Form extrem gestiegener Energiekosten oder Kosten für zugelieferte Produkte wie Baustahl. Damit verbunden sind teilweise Lieferengpässe, die den Absatz und damit die betriebliche Tätigkeit in einigen Bereichen beeinträchtigen können. Sollten diese Störungen länger andauern, wären auch personelle Einschnitte über die Kurzarbeit hinaus nicht ausgeschlossen.

Die individuelle Beratung ist nicht nur für die Mitgliedsunternehmen eine wichtige Dienstleistung, sondern für den Verband auch ein Instrument, um von generellen (Fehl-) Entwicklungen zu erfahren. Beispielhaft zu nennen sind die zahlreichen Auseinandersetzungen um die Abgeltung von Resturlaub oder die Eingruppierung bei einfachsten Arbeiten.

Wiederholt kommt es z.B. zu Auseinandersetzungen darüber, ob Mitarbeiter, die nicht Reinigungsarbeiten aber andere einfache Arbeiten, wie z. B. das Absacken verrichten, in die Einstiegslohngruppe einzuordnen wären, bzw. wie der Vergleichslohn für entsprechend eingesetzte Leiharbeitnehmer zu bemessen ist. Eine gerichtliche Entscheidung ist bisher nicht nötig geworden. Dennoch belasten solche Auseinandersetzungen unnötig das Arbeitsklima im Betrieb. Mit der Neufassung der Entgeltgruppen im ERTV ab 1.1.2024 konnte eine Lösung hierfür mit der IG BAU vereinbart werden.

Erst aus der täglichen Beratungspraxis ergibt sich in diesen und anderen Fällen, welche Klarstellungen oder Änderungen z. B. im Rahmentarifvertrag künftig mit der IG BAU verhandelt werden müssen. So greifen Rechtsberatung, Tarifpolitik und politische Forderung nahtlos ineinander.

Mediation im ISTE – der ISTE erweitert sein Angebot

Seit dem Frühjahr 2022 haben die Mitglieder bei innerbetrieblichen Konflikten auch die Möglichkeit, im Rahmen des ISTE-Angebots eine Mediation durchzuführen, wenn sich das Verfahren dafür eignet.

Unter nicht aufgearbeiteten Konflikten zwischen Beschäftigten leiden oftmals die Zusammenarbeit, Leistungsfähigkeit und Produktivität im Unternehmen. Die Ursachen des Konflikts bleiben dabei meist im Verborgenen.

Nachdem der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel auch vor unserer Branche keinen Halt macht, stehen Unternehmer in solchen Situationen zunehmend vor der Frage, wie sie den Konflikt lösen können, um damit den Betriebsfrieden wiederherzustellen und eine Trennung von einem oder mehreren Beschäftigten zu vermeiden.

Die klassischen arbeitsrechtlichen Maßnahmen helfen dabei oft nicht weiter oder verschärfen sogar den Konflikt. Die

Im Zuge der Mediation wird im besten Fall nicht nur der Konflikt an sich gelöst, sondern die Beziehung zwischen den Streitbeteiligten für die Zukunft in Richtung einer offenen Gesprächskultur weiterentwickelt.

Da es sich bei der Mediation um ein freiwilliges, ergebnisoffenes Verfahren handelt, kann der erste Termin von den Personalverantwortlichen angeordnet werden, anschließend entscheiden die Beteiligten jedoch selbst, ob sie das Verfahren weiter fortführen wollen.

Als Mediator:in ist man unabhängig und neutral. Man führt durch das ergebnisoffene Verfahren und unterstützt die Parteien bei der Konfliktlösung, hat aber keine Entscheidungsbefugnis.

Im arbeitsrechtlichen Kontext wird die Lösung der Konfliktparteien bei Bedarf noch von der Personal- und/oder Geschäftsleitung geprüft und genehmigt.

Die wichtigsten Prinzipien der Mediation sind:

  • Vertraulichkeit des Verfahrens
    Parteien und Mediator verpflichten sich zur Verschwiegenheit, auch ggü. z.B. dem Arbeitgeber

  • Freiwilligkeit der Teilnahme

  • Die Parteien entscheiden, ob sie eine Mediation durchführen oder auch beenden wollen.

  •  Allparteilichkeit des Mediators
    Der/die Mediator:in unterstützt die Parteien bei der Lösung, er/sie ist aber von ihnen unabhängig.

  • Eigenverantwortlichkeit der Teilnehmer    

  • Die Parteien entwickeln (mit Hilfe des Mediators) ihre Lösung selbst  

  • Vollständige Informiertheit
    Entscheidungen basieren auf einer gemeinsamen Informationsbasis.  

  • (Ergebnis-) Offenheit der Beteiligten

Mediation lebt nicht von Vorgaben, sondern von dem, was sich während des Verfahrens entwickelt.

So können wir unsere Mitglieder zukünftig auch in den Fällen unterstützen, in denen die klassische arbeitsrechtliche Beratung nicht weiterhilft, in dem wir ein Mediationsverfahren organisieren und durchführen.

Ebenso wie die Prozessvertretung erbringt der ISTE dies als freiwillige Leistung im Rahmen seiner personellen und finanziellen Möglichkeiten. In Fällen, in denen eine Mediation durchgeführt wurde, ist eine Prozessvertretung durch den ISTE ausgeschlossen.

Als Arbeitgeberverband wollen wir mit diesem Angebot neben der Unterstützung für die Personalarbeit schließlich einen kleinen Beitrag zum guten Arbeitsumfeld in unserer Branche leisten, um in schwierigen Situationen Fachkräfte für unsere Mitgliedsunternehmen zu sichern und langfristig für die Steine- und Erdenindustrie insgesamt.

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Ausbildungskampagne „Bock auf Steine?“

Mit der vom Arbeitskreis Personal entwickelten und fachlich weiter begleiteten Ausbildungskampagne wollen wir die Mitglieder darin unterstützen, Auszubildende für die Steine- und Erdenindustrie zu gewinnen. Das gemeinsam mit dem Arbeitskreis Personal und Bernd Schuler, xx Design Partner entwickelte Marketingkonzept setzt auf Karten zu verschiedenen Ausbildungsberufen und allgemeinen Themen (Praktika, Ausbildungsvergütung, Umweltthemen), auf einen Messestand und eine neu gestaltete Internetseite.

Seit Beginn der Kampagne haben die Mitgliederanfragen zum Thema Ausbildung erfreulicherweise zugenommen und die Berufekarten kommen auf Veranstaltungen der Mitgliedsunternehmen mit Schüler:innen sehr gut an.

Im Jahr 2023 haben wir aus dem Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit heraus gemeinsam mit Arbeitsbereich Personalleiter erstmals den ISTE-Azubitag organisiert. Zur Prämiere kamen an zwei Terminen insgesamt mehr als 180 Auszubildende und Ausbilder nach Stuttgart zu einem Fachprogramm von der Baustellenbesichtigung zu S 21 bis zu Information und Podiumsgespräch zum Thema Karriere in der Steine – und Erdenindustrie.

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Forderungen an die Politik
  • Das Bundesmindestlohngesetz muss dringend eine Öffnung für tarifliche Regelungen erhalten und besonders im Bereich der Arbeitszeitflexibilisierung den Arbeitsvertragsparteien mehr Gestaltungsspielraum einräumen.
  • Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen benötigen dringend ein zeitgemäßes Arbeitszeitrecht, das den Anforderungen der sich wandelnden Arbeitswelt gerecht wird. Die sich abzeichnenden Änderungen bei der Arbeitszeitdokumentation, entsprechend der jüngsten Rechtsprechung des EuGH, dürfen nicht vorgenommen werden, ohne die europarechtlich zulässigen Spielräume zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung den Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen ebenfalls einzuräumen.
  • Die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung darf nicht eingeschränkt werden. Weder ist sie ein Massenphänomen noch erfolgen diese Befristungen willkürlich. Deren Einsatz ist schon jetzt klar beschränkt und Kettenbefristungen auf diese Weise ebenfalls nicht möglich. Auf der anderen Seite sichert die sog. sachgrundlose Befristung die nötige Sicherheit und Flexibilität bei unvermeidbaren Veränderungen im Betrieb und bietet gleichzeitig vielen Arbeitnehmer:innen die Chance zum Einstieg in die unbefristete Beschäftigung.

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