»Die tarifgebundenen Unternehmen stehen für einheitliche und faire Arbeitsbedingungen in der Branche. Die Tarifbindung soll auch die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe steigern, z.B. durch eine zukunftsweisende Modernisierung des Rahmentarifvertrags.«
Martin Kronimus, Kronimus AG, Iffezheim,
Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses (SPA) des ISTE
Dafür stehen wir
Der ISTE steht für faire und marktgerechte Arbeitsbedingungen in unserer Branche. Der ISTE steht für die Regelung einheitlicher Arbeitsbedingungen im Flächentarifvertrag und über die Branchenzweige hinweg. Der ISTE setzt sich für branchenspezifische Lösungen ein, wo dies erforderlich ist, z. B. in Form der Arbeitszeitflexibilisierung über den gesamten, zwölfmonatigen Jahreslauf oder die Möglichkeit witterungsbedingter Kündigungen, die selbstverständlich immer mit der Wiedereinstellungszusage verbunden sind.
Die Tarifpolitik ist ein Herzstück der Arbeit des ISTE. Der ISTE schließt als Arbeitgeberverband – derzeit mit der IG BAU – die branchenspezifischen Flächentarifverträge für die Beschäftigten der Steine- und Erdenindustrie in Baden-Württemberg ab. Diese Tarifverträge finden bei einem Großteil der Arbeitsverhältnisse unserer Branche Anwendung.
Tarifpolitische Rahmenbedingungen
In Deutschland werden Entgelte und Arbeitszeiten von den Tarifvertragsparteien grundsätzlich ohne staatliche Einflussnahme ausgehandelt. Grundlage ist die in Art. 9 des Grundgesetzes geregelte Koalitionsfreiheit: „Das Recht zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.”
Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns und damit verbundener Regelungen zur Tarifautonomie ist dieses Grundrecht spürbar eingeschränkt worden. Noch entscheiden aber die Tarifvertragsparteien in Deutschland maßgeblich über Höhe und Entwicklung des Personalaufwandes und damit über gut 70 Prozent des Volkseinkommens.
Der Branchentarifvertrag gibt den Arbeitsverhältnissen einen verlässlichen Rahmen. Er entlastet die betrieblichen Arbeitsbeziehungen von Konflikten und erspart den Unternehmen erheblichen eigenen Aufwand bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Für den Branchentarifvertrag sprechen also überzeugende Argumente:
Der Branchentarifvertrag
- hält weitgehend Konflikte aus den Betrieben heraus und sichert so den Betriebsfrieden,
- nimmt den Unternehmen die zeit- und kostenintensiven Tarifverhandlungen ab,
- ist bei der Regelung komplexer Rechtsmaterien vor allem für kleine und mittlere Betriebe eine große Entlastung,
- ermöglicht durch die Friedenspflicht während der Laufzeit störungsfreie Lieferbeziehungen,
- kann auch gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigen.
Gemessen an diesen Zielen müssen die Tarifverträge fortlaufend den sich ändernden Bedingungen angepasst und modernisiert werden. Ergänzt werden diese Regelungen durch die exklusiv in unserem Rahmentarifvertrag gegebene Möglichkeit kurzfristig witterungsbedingt zu kündigen.
Das System, die Arbeitsbedingungen tarifvertraglich zu regeln, ist durch die Gesetzgebung zum Mindestlohn mehr denn je in Gefahr. Ein politisches Umdenken ist nicht abzusehen. Wir stärken hingegen das System von Branchentarifverträgen, z.B. indem wir gemeinsam mit der IG BAU an der Modernisierung unserer Tarifstrukturen arbeiten.
Der ISTE vertritt die Interessen seiner Mitglieder im Bereich der Tarifpolitik auch auf Bundesebene über die Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft Steine und Erden (SPA) mit Sitz in Berlin.
Rat und Tat in Einzelfällen
Der ISTE bietet seinen Mitgliedern, ob mit oder ohne Tarifbindung, alle Leistungen des klassischen Arbeitgeberverbandes und damit umfassende Rechtsberatung im Arbeits- und Sozialrecht. Dazu gehört die schnelle und fundierte arbeits- und sozialrechtliche Beratung und Vertretung durch eigene Fachjuristen
- bei der Vertragsgestaltung,
- bei der Vertragsbeendigungen, wo möglich im Wege einvernehmlicher Lösungen, wo nötig durch Kündigung,
- bei Konflikten über Arbeitsbedingungen, ganz überwiegend außergerichtlich, wo nötig vor den Arbeitsgerichten,
- in behördlichen Verfahren, zum Beispiel beim Integrationsamt,
- in Verhandlungen und Verfahren nach dem Betriebsverfassungsgesetz,
- in Verhandlungen mit Sozialversicherungsträgern (zum Beispiel Rentenversicherung, Berufsgenossenschaft,...) oder
- in Verhandlungen mit der Gewerkschaft.
Besonders kleinere und mittlere Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilungen profitieren von den zusätzlichen Leistungen für die tägliche Personalarbeit, wie
- dem kostenlosen Zugang zu branchenspezifischen und auf die Tarifverträge abgestimmten Mustern, zum Beispiel Arbeitsverträge, Aufhebungsverträge, Abmahnungen/Korrekturvereinbarungen oder Zusatzvereinbarungen, z.B. zur Kurzarbeit,
- regelmäßige Schulungen, gezielt auch für fachfremde Verantwortungsträger der Mitgliedsunternehmen.
Die individuelle Beratung ist nicht nur für die Mitglieder eine wichtige Dienstleistung. Für den Verband ist sie auch ein Instrument, um von generellen (Fehl-)Entwicklungen zu erfahren, die dann auf politischer Ebene, in Tarifverhandlungen und nötigenfalls auf dem Rechtsweg im Interesse aller Mitglieder verhindert, umgekehrt, kompensiert oder vorteilhaft gestaltet werden müssen.
Tarifpolitik und Arbeitsrecht – Entwicklungen und Aktivitäten
Tarifverhandlungen und Tarifabschluss 2021/2022 Zum Artikel
Neuaufnahme Rahmentarifvertrags-Verhandlungen Zum Artikel
Beratung in der Coronakrise Zum Artikel
Einzelberatung, Prozessvertretung und Mediation Zum Artikel
Veranstaltungen Zum Artikel
Arbeitskreis Personal Zum Artikel
Forderungen an die Politik Zum Artikel
Tarifverhandlungen und Tarifabschluss 2021/2022
Am Abend des 29. Juni 2021 konnte in der vierten Verhandlungsrunde unter der Verhandlungsführung von Martin Kronimus nach intensiven Verhandlungen ein Tarifabschluss über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen erzielt werden.
Vorausgegangen waren ungewöhnlich langwierige Verhandlungen. Die Tarifverhandlungen konnten auch im Jahr 2021 erneut nur unter sehr erschwerten Bedingungen geführt werden, da größere Versammlungen nicht möglich waren. Dennoch wurden alle Verhandlungsrunden in Präsenz und wie im vergangenen Jahr mit 7 + 7 Teilnehmer:innen durchgeführt. Damit war das zweite Jahr in Folge die Verhandlung ausschließlich der ständigen Tarifkommission übertragen, die allerdings in der Geschäftsordnung des Sozialpolitischen Ausschusses bereits seit jeher vorgesehen ist, um die Handlungsfähigkeit jederzeit zu gewährleisten. Die Konkretisierung der Verhandlungsziele erfolgte im Vorfeld und begleitend in mehreren Videokonferenzen des SPA.
In den vergangenen Jahren konnte sich die Steine- und Erdenindustrie trotz der Corona-Krise auf eine nahezu ungebrochene Bautätigkeit stützen, was auf Seiten der Belegschaften und der IG BAU-Vertreter:innen zu einer hohen Erwartungshaltung geführt hat. Die IG BAU hielt noch bis zum Beginn der dritten Verhandlungsrunde an der Forderung nach Erhöhung der Entgelte um 5,2 % fest, forderte für Baden-Württemberg eine deutlich höhere Entgeltsteigerung als in anderen Tarifgebieten. Begleitet wurden die Verhandlungen durch mehrere Warnstreikaktionen in den Betrieben.
Erst in der vierten Verhandlungsrunde in Esslingen wurde schließlich die Einigung möglich, und es konnte eine Tarifvereinbarung getroffen werden mit folgenden Eckpunkten:
Die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen werden ab dem 01. Juni 2021 um linear 2,65 % angehoben, sowie ab dem 1. Juni 2022 um linear 2,5 %.
Darüber hinaus wurde vereinbart, die bestehende Regelung zur Leiharbeit fortzuschreiben. Die bestehende Übernahmeregelung für Azubis wird ersetzt durch eine Zusage zur Übernahme nach erfolgreichem Abschluss bei persönlicher und fachlicher Eignung.
Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten und kann erstmals zum 31.05.2023 gekündigt werden. Die Tarifparteien vereinbarten ergänzend, die Verhandlungen über eine Modernisierung der Entgeltstrukturen zeitnah wieder aufzunehmen.
Für die ständige Verhandlungskommission des ISTE war bei diesem Abschluss die Planungssicherheit des zweijährigen Abschlusses von besonderer Bedeutung, den die IG BAU Kommission für Baden-Württemberg lange Zeit abgelehnt hat. Die Höhe der finanziellen Belastung konnte dennoch im Rahmen des tarifpolitischen Umfelds gehalten werden.
Carsten Burckhardt (Bundesvorstandsmitglied, IG BAU) und Martin Kronimus (Verhandlungsführer und SPA-Vorsitzender, ISTE) besiegeln den hart errungenen Abschluss.
Neuaufnahme Rahmentarifvertrags-Verhandlungen
In einer Umfrage unter den ISTE-Mitgliedern zur Lohnstruktur hat sich bestätigt, dass die tariflichen Entgelte im Bereich einfacher Tätigkeiten nicht nur im Vergleich zu anderen Branchen wie dem Reinigungsgewerbe spürbar zu hoch sind, sondern auch innerhalb der Steine- und Erdenindustrie nicht mehr das Maß der üblichen Vergütung darstellen. Dasselbe gilt auch für die tariflichen Entgelte für Kraftfahrer. Zugleich bietet die aktuelle Lohnstruktur vielfach nicht den benötigten Differenzierungsspielraum, um die Tätigkeiten der Mitarbeiter entsprechend den unterschiedlichen Anforderungen, Qualifikation und Leistung einer angemessenen, tarifvertraglichen Einstufung zuzuordnen.
Dabei sind nach wie vor immerhin 10 % der gewerblichen Arbeitnehmer:innen über alle Fachgruppen hinweg als Helfende mit einfachen Arbeiten beschäftigt. In der Betonfertigteilindustrie sind es mit 20 % erwartungsgemäß die meisten. Die Kraftfahrer:innen machen über alle Fachgruppen sogar 16 % der gewerblich Beschäftigten aus, in der Transportbetonindustrie sind es sogar 62 % der gewerblich Beschäftigten. Die Umfrage hat bestätigt, dass ein Weg gefunden werden muss, zumindest bei Neueinstellungen in den kritischen Lohngruppen deutlich niedrigere als bisher, nämlich auf dem Arbeitsmarkt übliche und angemessene Tarifentgelte zu vereinbaren. Nur mit solchen, im Wettbewerb durchsetzbaren Löhnen, kann der Tarifvertrag seine Ordnungsfunktion erfüllen.
Gespräche zur Erneuerung der tariflichen Lohnstruktur fanden mit der IG BAU bereits 2016 statt. Mit Carsten Burckhardt als zu dieser Zeit neuem Verhandlungsführer für unser Tarifgebiet in Baden-Württemberg konnte 2018 erstmals ein konkretisiertes Verhandlungsziel vereinbart werden, wonach die Modernisierung der Lohngruppen im Mittelpunkt steht.
Coronabedingt konnten die Gespräche nach längerer Unterbrechung erst am 24.03.2022 in Mannheim wieder neu aufgenommen, dann jedoch bereits im Mai und Juli fortgesetzt werden. Die Parteien konnten sich in den ersten beiden Gesprächen 2022 darauf verständigen, anhand eines konkreten, beiderseits in den Grundzügen mittlerweile abgestimmten Entgeltgitters zeitnah die Neuausrichtung der Entgeltsstruktur zu suchen. Wesentliche Anforderungen beider Vertragsparteien sollen auf diesem Weg erfüllt werden.
Beratung in der Coronakrise
Die Corona-Pandemie stellt Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bis heute vor besondere Herausforderungen. Diese konnten trotz zunehmender „Corona-Müdigkeit“ dank des großen Engagements der Beschäftigten und der Arbeitgeber weiterhin gut bewältigt werden.
Auch im vergangenen Jahr traten immer wieder neue und bislang unbekannte Fragen auf, die nicht zuletzt kraft der eingespielten Zusammenarbeit mit den Personalleiter:innen zahlreicher Mitgliedsunternehmen schnell bearbeitet werden und die Ergebnisse als Information für alle Mitglieder in den Rundschreiben und auf der Homepage des ISTE zur Verfügung gestellt werden können. Um den Zugriff darauf für die Mitglieder in den unterschiedlichsten Home-Office-Konstellationen so einfach wie möglich zu machen, haben wir die Informationen zur Corona-Pandemie weiterhin auf dem frei zugänglichen Bereich der ISTE-Homepage eingestellt. Diese werden laufend aktualisiert, z.B. im Bereich der jeweils einschlägigen Landesverordnungen.
Die typischen Fragen betreffen seit Beginn der Pandemie weiterhin z.B. Hygienekonzepte für den Betrieb, Einsatz von eigenen und Fremdfirmen-Mitarbeiter:innen, die aus Risikogebieten anreisen oder aus dem Urlaub zurückkehren, Vergütung von Mitarbeiter:innen in Quarantäne, bzw. Erstattung von Entgeltersatzleistungen, Veränderung von Arbeitszeitmodellen u.v.m. Dabei war im vergangenen Jahr sicherlich die größte Herausforderung – auch aufgrund der komplexen Regelungen auf Bundes- und Länderebene – die Einführung von 3G am Arbeitsplatz und im Zusammenhang damit die Wahrung der datenschutzrechtlichen Vorgaben.
Auch wenn die ein oder andere Lösung der bislang im Arbeitsrecht unbekannten Fragen in der Zukunft von den Arbeitsgerichten u.U. noch anders entschieden werden sollte, so konnte doch der Betrieb durchgängig aufrechterhalten und der Betriebsfrieden gewahrt werden. Gerichtliche Auseinandersetzungen sind daraus bislang kaum entstanden und die Zusammenarbeit der Mitgliedsunternehmen mit den Mitarbeiter:innen ist über alles in dieser schwierigen Zeit außerordentlich gut verlaufen.
Der Aufwand in den meisten Betrieben ist aufgrund der organisatorischen Umstellungen und des Mehraufwands in den Arbeitsabläufen allerdings spürbar angestiegen.
Einzelberatung, Prozessvertretung und Mediation
Neben den coronabedingten Herausforderungen der Jahre 2021/2022 gehört die Beratung und Vertretung vor den Arbeits- und Sozialgerichten weiterhin zu den selbstverständlichen Leistungen des Verbandes. Besteht besonderer Beratungsbedarf, der über das Übliche oder für den Verband Mögliche hinausgeht, vermittelt der ISTE bewährte Fachanwälte im Arbeitsrecht, die unseren Mitgliedern zum Teil im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zu besonders günstigen Konditionen zur Verfügung stehen.
Für die Beratung und Begleitung bei nur einer Kündigung und der Vertretung im anschließenden Kündigungsschutzprozess sparen die Mitglieder bei einem Bruttomonatsentgelt des Mitarbeiters von 3.348,00 Euro durch die Unterstützung des Verbandes ca. 2.500 Euro an Anwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Die tägliche Unterstützung unserer Mitglieder reicht von der rechtssicheren Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses bis zur Verhandlung mit dem Betriebsrat über die Einführung der tariflichen Arbeitszeitflexibilisierung im Betrieb.
Erfahrungen und Ereignisse aus der Einzelberatung behandeln wir wie in der Rechtsberatung üblich streng vertraulich. Zu bemerken ist aber, dass einen Schwerpunkt in der Beratungspraxis auch im vergangenen Jahr wieder sehr aufwändige Auseinandersetzungen um fristlose oder sonst verhaltensbedingte Kündigungen bildeten. In diesen Verfahren steht regelmäßig auf allen Seiten wenig Verhandlungsspielraum zur Verfügung, aber viel auf dem Spiel. Ein sehr hohes Maß an Leidensfähigkeit ist seitens der Arbeitgeber gefordert. Ihnen wird nicht selten von den Richtern am Arbeitsgericht in einer sicheren „Hinterher-Betrachtung“ vorgeworfen, sie seien zu Beginn zu nachlässig gewesen und am Ende zu empfindlich. Mit der nötigen Erfahrung, dem Blick für das machbare und (möglichst) frühzeitiger Beratung und Vorbereitung lässt sich dennoch Vieles lösen. Dafür stehen wir den Mitgliedern mit Rat zur Seite.
Betriebsbedingte Kündigungen spielen zuletzt eine ganz untergeordnete Rolle. Daran hat auch die Coronakrise nichts geändert. Der Krieg in der Ukraine hat allerdings bereits jetzt erhebliche Auswirkungen auch auf den Baustoffmarkt, besonders in Form extrem gestiegener Energiekosten oder Kosten für zugelieferte Produkte wie Baustahl. Damit verbunden sind teilweise Lieferengpässe, die den Absatz und damit die betriebliche Tätigkeit in einigen Bereichen beeinträchtigen können. Sollten diese Störungen länger andauern, wären auch personelle Einschnitte über die Kurzarbeit hinaus nicht ausgeschlossen.
Die individuelle Beratung ist nicht nur für die Mitgliedsunternehmen eine wichtige Dienstleistung, sondern für den Verband auch ein Instrument, um von generellen (Fehl-) Entwicklungen zu erfahren. Beispielhaft zu nennen sind die zahlreichen Auseinandersetzungen um die Abgeltung von Resturlaub oder die Eingruppierung bei einfachsten Arbeiten.
Erst aus der täglichen Beratungspraxis ergibt sich in diesen und anderen Fällen, welche Klarstellungen oder Änderungen z. B. im Rahmentarifvertrag künftig mit der IG BAU verhandelt werden müssen. So greifen Rechtsberatung, Tarifpolitik und politische Forderung nahtlos ineinander.
Seit dem Frühjahr 2022 haben die Mitglieder bei innerbetrieblichen Konflikten auch die Möglichkeit, im Rahmen des ISTE-Angebots eine Mediation durchzuführen, wenn sich das Verfahren dafür eignet.
Unter nicht aufgearbeiteten Konflikten zwischen Beschäftigten leiden oftmals die Zusammenarbeit, Leistungsfähigkeit und Produktivität im Unternehmen. Die Ursachen des Konflikts bleiben dabei meist im Verborgenen.
Nachdem der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel auch vor unserer Branche keinen Halt macht, stehen Unternehmer in solchen Situationen zunehmend vor der Frage, wie sie den Konflikt lösen können, um damit den Betriebsfrieden wiederherzustellen und eine Trennung von einem oder mehreren Beschäftigten zu vermeiden.
Die klassischen arbeitsrechtlichen Maßnahmen helfen dabei oft nicht weiter oder verschärfen sogar den Konflikt. Die Lösung kann in solchen Situationen in einer Mediation liegen.
Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben (§1 Abs. 1 Mediationsgesetz). Im Verlauf der Mediation werden Ursachen und Folgen des Konflikts beleuchtet. Eine tragfähige Lösung wird dabei von den Medianten als „Experten“ für ihren Konflikt unter der Leitung und Begleitung des Mediators selbst erarbeitet. Die Mediation grenzt sich damit von der rechtlichen Beratung, Schlichtung oder einem therapeutischen Verfahren ab.
Im Zuge der Mediation wird im besten Fall nicht nur der Konflikt an sich gelöst, sondern die Beziehung zwischen den Streitbeteiligten für die Zukunft in Richtung einer offenen Konfliktkultur weiterentwickelt.
Der Mediator selbst ist unabhängig und neutral. Er führt durch das Verfahren und unterstützt die Parteien bei der Konfliktlösung, hat aber keine Entscheidungsbefugnis.
Im arbeitsrechtlichen Kontext wird die Lösung der Konfliktparteien bei Bedarf noch von der Personal- und/oder Geschäftsleitung geprüft und genehmigt.
Die wichtigsten Prinzipien der Mediation sind:
- Vertraulichkeit des Verfahrens
Parteien und Mediator verpflichten sich zur Verschwiegenheit, auch z.B. gegenüber dem Arbeitgeber
- Freiwilligkeit der Teilnahme
Die Parteien entscheiden, ob sie eine Mediation durchführen wollen. Sie kann auch jederzeit beendet werden.
- Eigenverantwortlichkeit der Teilnehmer:innen
Die Parteien entwickeln (mit Hilfe des Mediators) ihre Lösung selbst – die Lösungen sind tragfähiger (win-win-Lösung)
- Vollständige Informiertheit
Entscheidungen basieren auf einer gemeinsamen Informationsbasis
- (Ergebnis-)Offenheit der Beteiligten
Mediation lebt nicht von Vorgaben, sondern von dem, was sich während des Verfahrens entwickelt.
So können wir unsere Mitglieder zukünftig auch in den Fällen unterstützen, in denen die klassische arbeitsrechtliche Beratung nicht weiterhilft, in dem wir ein Mediationsverfahren organisieren und durchführen.
Ebenso wie die Prozessvertretung erbringt der ISTE dies als freiwillige Leistung im Rahmen seiner personellen und finanziellen Möglichkeiten. In Fällen, in denen eine Mediation durchgeführt wurde, ist eine Prozessvertretung durch den ISTE ausgeschlossen.
Als Arbeitgeberverband wollen wir mit diesem Angebot neben der Unterstützung für die Personalarbeit schließlich einen kleinen Beitrag zum guten Arbeitsumfeld in unserer Branche leisten, um in schwierigen Situationen Fachkräfte für unsere Mitgliedsunternehmen zu sichern und langfristig für die Steine- und Erdenindustrie insgesamt.
Veranstaltungen
Die für die Personalarbeit wichtige Quintessenz aus Verbandsarbeit und Einzelberatung geben wir im Rahmen unserer Schulungen regelmäßig weiter.
Coronabedingt mussten wir unsere im November 2021 in Präsenz geplante Personalleiterschulung kurzfristig als Webkonferenz durchführen. Dabei ging es insbesondere um die Themen flexible und moderne Arbeitszeitgestaltung im Zusammenspiel mit dem Rahmentarifvertrag. Hier soll speziell auch im Produktionsbereich den Beschäftigten eine größere Arbeitssouveränität ermöglicht werden, um auf diese Weise den Arbeitsplatz in der Steine- und Erdenbranche noch attraktiver gestalten zu können.
Aber auch die Problematik Phantomlohn und seine Auswirkungen im sozialversicherungsrechtlichen Rahmen waren Thema der Schulung.
Neben den Schulungen zu reinen Personalthemen für die Geschäftsführungen und Personalleiter:innen nutzen wir den Vorteil von Fachveranstaltungen, spezifische Themen anzusprechen.
Die persönlichen Kontakte auf unseren Veranstaltungen zu den externen und eigenen Referent:innen schließlich erleichtern die weitere individuelle Beratung, die nicht im Rahmen einer Schulungsveranstaltung erfolgen kann.
Schulung für Personalleiter:innen im November 2019: Martina Grühbaum (ISTE) zu Azubimarketing, Arne Hilt (ISTE) zu aktuellen arbeitsrechtlichen Fragen, aufmerksame Teilnehmer:innen bei der Vorstellung von Förderprogrammen und Arbeitgeberservices durch die Bundesagentur für Arbeit
Arbeitskreis Personal
Anfang November 2021 konnten wir die Arbeit im Arbeitskreis Personal in Präsenz fortsetzen, auf Einladung der Lhoist Germany - Rheinkalk GmbH im Werk Istein. Schwerpunktthema war die Mitarbeiterkommunikation und -unterstützung in Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren.
Der ehemalige Werkleiter am Standort Istein, Peter Leifgen, führte mit einem eindringlichen und emotionalen Bericht über das Bürgerbegehren gegen die Abbauerweiterung im Jahr 2012 in das Thema ein. Dies gab den anwesenden Personaler:innen und Geschäftsführer:innen einen hervorragenden Eindruck davon, wie wichtig es ist, die Belegschaft in solchen Fällen rechtzeitig miteinzubeziehen, und wie die Mitarbeiter:innen beispielhaft und erfolgreich in die öffentliche Vertretung der betrieblichen Interessen eingebunden werden können.
Den Workshop nutzten die Beteiligten zum offenen Austausch über ihre eigenen Erfahrungen. Die erfolgreichen Beispiele, Ideen und Anregungen wurden weiterentwickelt und zusammengetragen. Hinterfragt und intensiv diskutiert wurde auch die Erwartungshaltung der Beschäftigten an die Unternehmensleitung in vergleichbaren Situationen.
Dabei wurde deutlich, wie wichtig es für einen Betrieb in einer öffentlichen Auseinandersetzung über dessen Zukunft ist, auf die loyale Unterstützung der Beschäftigten zählen zu können und dass sich die Betriebe dauerhaft und aktiv darum bemühen müssen.
Gemeinsam wurde schließlich festgestellt, welche Art Materialien seitens des ISTE unsere Mitgliedsunternehmen bei der Kommunikation mit ihren Beschäftigten dabei besonders unterstützen könnten. Diese Impulse wurden zwischenzeitlich im Arbeitsausschuss Öffentlichkeitsarbeit eingebracht und werden dort im Zusammenhang mit den weiteren aktuellen Kampagnen, z.B. im Bereich Social Media, weiterverfolgt.
Mit der vom Arbeitskreis Personal entwickelten und fachlich weiter begleiteten Ausbildungskampagne wollen wir die Mitglieder zukünftig besser darin unterstützen, Auszubildende für die Steine- und Erdenindustrie zu gewinnen. Das gemeinsam mit dem Arbeitskreis Personal und Bernd Schuler, xx Design Partner entwickelte Marketingkonzept setzt auf Karten zu verschiedenen Ausbildungsberufen und allgemeinen Themen (Praktika, Ausbildungsvergütung, Umweltthemen), auf einen Messestand und eine neu gestaltete Internetseite.
Ende 2021 konnten die neuen Ausbildungsberufe Aufbereitungsmechaniker:in Naturstein, Verfahrensmechaniker:in Transportbeton und Verfahrensmechaniker:in vorgefertigte Betonerzeugnisse fertiggestellt und in die bestehende Kampagne integriert werden.
Seit Beginn der Kampagne haben die Mitgliederanfragen zum Thema Ausbildung erfreulicherweise zugenommen und die Berufekarten kommen auf Veranstaltungen der Mitgliedsunternehmen mit Schüler:innen sehr gut an.
Forderungen an die Politik
- Das Bundesmindestlohngesetz muss dringend eine Öffnung für tarifliche Regelungen erhalten und besonders im Bereich der Arbeitszeitflexibilisierung den Arbeitsvertragsparteien mehr Gestaltungsspielraum einräumen.
- Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen benötigen dringend ein zeitgemäßes Arbeitszeitrecht, das den Anforderungen der sich wandelnden Arbeitswelt gerecht wird. Die sich abzeichnenden Änderungen bei der Arbeitszeitdokumentation, entsprechend der jüngsten Rechtsprechung des EuGH, dürfen nicht vorgenommen werden, ohne die europarechtlich zulässigen Spielräume zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung den Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen ebenfalls einzuräumen.
- Die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung darf nicht eingeschränkt werden. Weder ist sie ein Massenphänomen noch erfolgen diese Befristungen willkürlich. Deren Einsatz ist schon jetzt klar beschränkt und Kettenbefristungen auf diese Weise ebenfalls nicht möglich. Auf der anderen Seite sichert die sog. sachgrundlose Befristung die nötige Sicherheit und Flexibilität bei unvermeidbaren Veränderungen im Betrieb und bietet gleichzeitig vielen Arbeitnehmer:innen die Chance zum Einstieg in die unbefristete Beschäftigung.