Tarifpolitik und Arbeitsrecht

»Der Flächentarifvertrag sichert einheitliche und faire Arbeitsbedingungen. Er ist ein wichtiger Beitrag zur Attraktivität unserer Branche für Arbeitnehmer. Ihn zu erhalten und zu stärken ist eine Herausforderung, der sich Arbeitgeberverband und Gewerkschaft verstärkt annehmen müssen.«

Martin Kronimus, Kronimus AG, Iffezheim
Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses (SPA) des ISTE


Dafür stehen wir

Der ISTE steht für faire und marktgerechte Arbeitsbedingungen in unserer Branche. Der ISTE steht für die Regelung einheitlicher Arbeitsbedingungen im Flächentarifvertrag und über die Branchenzweige hinweg. Der ISTE setzt sich für branchenspezifische Lösungen ein, wo dies erforderlich ist, z. B. in Form der Arbeitszeitflexibilisierung über den gesamten, zwölfmonatigen Jahreslauf oder die Möglichkeit witterungsbedingter Kündigungen, die selbstverständlich immer mit der Wiedereinstellungszusage verbunden sind.

Die Tarifpolitik ist ein Herzstück der Arbeit des ISTE. Der ISTE schließt als Arbeitgeberverband – derzeit mit der IG BAU – die branchenspezifischen Flächentarifverträge für die Beschäftigten der Steine- und Erdenindustrie in Baden-Württemberg ab. Diese Tarifverträge finden ganz oder überwiegend auf die große Mehrheit der Arbeitsverhältnisse in unserer Branche Anwendung.

Tarifpolitische Rahmenbedingungen

In Deutschland werden Entgelte und Arbeitszeiten von den Tarifvertragsparteien grundsätzlich ohne staatliche Einflussnahme ausgehandelt. Grundlage ist die in Art. 9 des Grundgesetzes geregelte Koalitionsfreiheit: „Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.”

Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns und damit verbundener Regelungen zur Tarifautonomie ist dieses Grundrecht spürbar eingeschränkt worden. Noch entscheiden aber die Tarifvertragsparteien in Deutschland maßgeblich über Höhe und Entwicklung des Personalaufwandes und damit über gut 70 Prozent des Volkseinkommens.

Der Branchentarifvertrag gibt den Arbeitsverhältnissen einen verlässlichen Rahmen. Er entlastet die betrieblichen Arbeitsbeziehungen von Konflikten und erspart den Unternehmen erheblichen eigenen Aufwand bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Für den Branchentarifvertrag sprechen also überzeugende Argumente:

Der Branchentarifvertrag

  • hält weitgehend Konflikte aus den Betrieben heraus und sichert so den Betriebsfrieden,
  • nimmt den Unternehmen die zeit- und kostenintensiven Tarifverhandlungen ab, 
  • ist bei der Regelung komplexer Rechtsmaterien vor allem für kleine und mittlere Betriebe eine große Entlastung, 
  • ermöglicht durch die Friedenspflicht während der Laufzeit störungsfreie Lieferbeziehungen, 
  • kann auch gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigen.

Gemessen an diesen Zielen müssen die Tarifverträge fortlaufend den sich ändernden Bedingungen angepasst und modernisiert werden. Ergänzt werden diese Regelungen durch die exklusiv in unserem Rahmentarifvertrag gegebene Möglichkeit kurzfristig witterungsbedingt zu kündigen.

Das System, die Arbeitsbedingungen tarifvertraglich zu regeln, ist durch die Gesetzgebung zum Mindestlohn u. a. aber ernsthaft in Gefahr. Hier muss politisch ein Umdenken einsetzen, um nicht die über Jahrzehnte bewährten Branchentarifverträge zum Auslaufmodell zu machen.

Der ISTE vertritt die Interessen seiner Mitglieder im Bereich der Tarifpolitik auch auf Bundesebene über die Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft Steine und Erden (SPA) mit Sitz in Berlin.

Rat und Tat in Einzelfällen

Der ISTE bietet seinen Mitgliedern, ob mit oder ohne Tarifbindung, alle Leistungen des klassischen Arbeitgeberverbandes und damit umfassende Rechtsberatung im Arbeits- und Sozialrecht. Dazu gehört die schnelle und fundierte arbeits- und sozialrechtliche Beratung und Vertretung durch eigene Fachjuristen

  • bei der Vertragsgestaltung,
  • bei der Vertragsbeendigungen, wo möglich im Wege einvernehmlicher Lösungen, wo nötig durch Kündigung,
  • in behördlichen Verfahren, zum Beispiel beim Integrationsamt,
  • in Verhandlungen und Verfahren nach dem Betriebsverfassungsgesetz,
  • in Verhandlungen mit Sozialversicherungsträgern (zum Beispiel Rentenversicherung, Berufsgenossenschaft,...) oder
  • in Verhandlungen mit der Gewerkschaft.

Besonders kleinere und mittlere Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilungen profitieren von den zusätzlichen Leistungen für die tägliche Personalarbeit, wie

  • dem kostenlosen Zugang zu branchenspezifischen und auf die Tarifverträge abgestimmten Mustern, zum Beispiel Arbeitsverträge,
  • regelmäßige Schulungen, gezielt auch für fachfremde Verantwortungsträger der Mitgliedsunternehmen.

Die individuelle Beratung ist nicht nur für die Mitglieder eine wichtige Dienstleistung. Für den Verband ist sie auch ein Instrument, um von generellen (Fehl-) Entwicklungen zu erfahren, die dann auf politischer Ebene, in Tarifverhandlungen und nötigenfalls auf dem Rechtsweg im Interesse aller Mitglieder verhindert oder rückgängig gemacht, kompensiert oder abgewendet werden müssen.

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Tarifpolitik und Arbeitsrecht – Entwicklungen und Aktivitäten

Tarifverhandlungen und Tarifabschluss 2020   Zum Artikel

Rahmentarifvertragsverhandungen 2017 bis 2020   Zum Artikel

Corona-Krise   Zum Artikel

Einzelberatung   Zum Artikel

Veranstaltungen   Zum Artikel

Forderungen an die Politik   Zum Artikel


Tarifverhandlungen und Tarifabschluss 2020

In den späten Abendstunden des 14. Juli 2020 konnte in der dritten Verhandlungsrunde unter der Verhandlungsführung von Martin Kronimus nach langem Ringen ein Tarifabschluss über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen erzielt werden.

Vorausgegangen waren ungewöhnliche, langwierige und schwierige Verhandlungen. Die Tarifverhandlungen konnten, wie vieles andere im Jahr 2020, nur unter sehr erschwerten Bedingungen geführt werden. Die vereinbarten Verhandlungstermine konnten zunächst nicht stattfinden, da Versammlungen nicht möglich waren. Ein erstes Tarifgespräch mit der IG BAU war in Form einer Videokonferenz am 11.05.2020 möglich, in der weitere Termine für Präsenzverhandlungen in kleinem Kreis mit 7 + 7 Teilnehmern vereinbart wurden. Nicht nur die Verhandlung mit der IG BAU war freilich erschwert. Auch die interne Abstimmung im Sozialpolitischen Ausschuss des ISTE konnte ausschließlich in Form von Videokonferenzen erfolgen und die Verhandlung musste, im ISTE bisher untypisch, nahezu ausschließlich einer kleinen Gruppe der ständigen Verhandlungskommission übertragen werden.

Die größte Herausforderung der Tarifverhandlungen im Jahr 2020 war aber die schier unmögliche Prognose, wie sich die Baustoffindustrie in den nächsten ca. 12 Monaten im Zuge der Corona-Pandemie und einer globalen Wirtschaftskrise entwickeln wird, mit deutlichen Anzeichen zu einer konjunkturellen Eintrübung auch für die Steine- und Erdenindustrie. Freilich konnte die Branche bis dahin von einer nahezu ungebrochenen Bautätigkeit profitieren, die auf Seiten der Belegschaften und der IG BAU-Vertreter zu einer hohen Erwartungshaltung geführt hat. Die IG BAU hielt bis zum Beginn der dritten Verhandlungsrunde an der Forderung nach Erhöhung der Entgelte um 6,25 % fest. Der ISTE-SPA hatte von Anfang an angeboten, den Beschäftigten für die coronabedingten Erschwernisse im Jahr 2020 einen besonderen Corona-Bonus zu bezahlen.
Erst in der dritten Verhandlungsrunde in Sindelfingen kam schließlich Bewegung in die Verhandlungen und es konnte eine Tarifvereinbarung mit folgenden Eckpunkten getroffen werden:

  • Die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen werden ab dem 01. Juli 2020 um linear 2,3 % angehoben.
  • Das neue Tarifabkommen hat eine Laufzeit von 12 Monaten und kann mit einer zweimonatigen Frist frühestens zum 31. Mai 2021 gekündigt werden.
  • Die Tarifvertragsparteien schließen eine Vereinbarung darüber, dass die Beschäftigten und Auszubildenden zeitgleich mit dem Septemberentgelt 2020 einmalig eine Coronaprämie i.S.v. § 3 Nr. 11a in Höhe von 300,00 € erhalten. Voraussetzung ist ein Arbeits-/Ausbildungsverhältnis in der Zeit seit dem 1. März 2020.

Das Tarifergebnis wurde in der Verhandlungskommission des ISTE intensiv diskutiert, aber am Ende mit großer Mehrheit angenommen.

  

Tarifverhandlungen in Corona-Zeiten: Weniger Teilnehmer aber mehr Aufwand

 

 

Carsten Burckhardt (Bundesvorstandsmitglied, IG BAU) und Martin Kronimus (Verhandlungsführer und SPA-Vorsitzender, ISTE) besiegeln den hart errungenen Abschluss in diesem Jahr per Ellbogencheck.

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Rahmentarifvertragsverhandungen 2017 bis 2020
Entgeltstrukturen in der Steine- und Erdenindustrie

In einer Umfrage unter den ISTE-Mitgliedern zur Lohnstruktur hat sich bestätigt, dass die tariflichen Entgelte im Bereich einfacher Tätigkeiten nicht nur im Vergleich zu anderen Branchen, wie dem Reinigungsgewerbe, spürbar zu hoch sind, sondern auch innerhalb der Steine- und Erdenindustrie nicht mehr das Maß der üblichen Vergütung darstellen. Dasselbe gilt auch für die tariflichen Entgelte für Kraftfahrer.

Dabei sind immerhin nach wie vor 10 % der gewerblichen Arbeitnehmer über alle Fachgruppen hinweg als Helfer mit einfachen Arbeiten beschäftigt. In der Betonfertigteilindustrie sind es mit 20 % erwartungsgemäß die meisten. Die Kraftfahrer machen über alle Fachgruppen sogar 16 % der gewerblich Beschäftigten aus, in der Transportbetonindustrie sind es sogar 62 % der gewerblich Beschäftigten. Die Umfrage hat bestätigt, dass ein Weg gefunden werden muss, zumindest bei Neueinstellungen in den kritischen Lohngruppen deutlich niedrigere als bisher, nämlich auf dem Arbeitsmarkt übliche und angemessene Tarifentgelte zu vereinbaren. Nur mit solchen, im Wettbewerb durchsetzbaren Löhnen kann der Tarifvertrag seine Ordnungsfunktion erfüllen.

Gespräche zur Erneuerung der tariflichen Lohnstruktur fanden mit der IG BAU fanden bereits 2016 statt. Mit Carsten Burckhardt als dem neuen Verhandlungsführer für unser Tarifgebiet in Baden-Württemberg konnte 2018 erstmals ein konkretisiertes Verhandlungsziel vereinbart werden, wonach die Modernisierung der Lohngruppen im Mittelpunkt steht.

Seitdem fanden zahlreiche Gespräche statt. In der bislang letzten Runde am 04.11.2019 war ein konstruktiver Austausch über die zwischenzeitlich beiderseits erstellten Entwürfe möglich und es wurde vereinbart, dass die IG BAU einen nach den Gesprächsergebnissen überarbeiteten Entwurf vorlegt. Dieser ging uns auch Anfang Februar 2020 zu, spiegelt allerdings nicht mehr das wieder, was zuvor besprochen wurde. Eine Abstimmung hierüber bzw. über die weitere Vorgehensweise konnte bislang aufgrund der aktuellen Pandemie-Situation im Sozialpolitischen Ausschuss noch nicht erfolgen.

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Corona-Krise

Die Corona-Pandemie hat alle Arbeitgeber und damit auch den ISTE im Bereich Arbeitsrecht vor besondere Herausforderungen gestellt. Diese konnten dank des großen Engagements aller Beteiligten bislang gut bewältigt werden.

Die seit Mitte März nahezu täglich auftretenden, oftmals bislang unbekannten Fragen konnten nicht zuletzt dank der eingespielten Zusammenarbeit mit den Personalleitern zahlreicher Mitgliedsunternehmen schnell bearbeitet werden und die Ergebnisse als Information für alle Mitglieder in den Rundschreiben und auf der Homepage des ISTE zur Verfügung gestellt werden. Um den Zugriff der Mitglieder in den unterschiedlichsten Homeoffice-Konstellationen so einfach wie möglich zu gestalten, haben wir die Informationen zur Corona-Pandemie auf den frei zugänglichen Bereich der ISTE-Homepage eingestellt. Diese werden weiterhin laufend aktualisiert, z.B. im Bereich der jeweils einschlägigen Landesverordnungen.

Die typischen Fragen betreffen seit Beginn der Pandemie z.B. Hygienekonzepte für den Betrieb, Zugang von Grenzgängern zu ihrem Arbeitsplatz, Einsatz von eigenen und Fremdfirmen-Mitarbeitern, die aus Risikogebieten anreisen, Vergütung von Mitarbeitern in Quarantäne oder bei Verhinderung wegen Kinderbetreuung, Einführung von 12-Stunden-Schichten u.v.m. Auch wenn die ein oder andere Lösung der bislang im Arbeitsrecht unbekannten Fragen in Zukunft von den Arbeitsgerichten u. U. noch anders entschieden werden sollte, so konnte doch der Betrieb aufrechterhalten und der Betriebsfrieden gewahrt werden. Gerichtliche Auseinandersetzungen sind daraus bislang kaum entstanden und die Zusammenarbeit der Mitgliedsunternehmen mit den Mitarbeitern ist in dieser schwierigen Zeit außerordentlich gut verlaufen.

Einen besonderen Raum nahm die Beratung zur Vorbereitung von Kurzarbeit ein, die die meisten Betriebe vorsorglich geplant haben. Es war und ist keinesfalls selbstverständlich, dass die Bautätigkeit so wie bisher, also von der Pandemie nahezu unbehelligt, fortgesetzt werden kann. Tatsächlich mussten bislang nur wenige Betriebe die Arbeitszeit verkürzen. Im Gegenteil ist der Aufwand in allen Betrieben aufgrund der organisatorischen Umstellungen und des Mehraufwands in den Arbeitsabläufen spürbar angestiegen. Im ISTE-Bereich Arbeitsrecht haben wir vorübergehend die Arbeitszeiten ausgeweitet, um unsere Mitglieder so gut wie möglich zu unterstützen.

 

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Einzelberatung

Die Beratung und Vertretung vor den Arbeits- und Sozialgerichten gehört zu den selbstverständlichen Leistungen des Verbandes. Besteht besonderer Beratungsbedarf, der über das Übliche und Mögliche hinausgeht, vermittelt der ISTE bewährte Fachanwälte im Arbeitsrecht, die unseren Mitgliedern zum Teil im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zu besonders günstigen Konditionen zur Verfügung stehen.

Für die Beratung und Begleitung bei nur einer Kündigung und der Vertretung im anschließenden Kündigungsschutzprozess sparen die Mitglieder bei einem Bruttomonatsentgelt des Mitarbeiters von 2.600 Euro durch die Unterstützung des Verbandes ca. 2.000 Euro an Anwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Die tägliche Unterstützung unserer Mitglieder reicht von der rechtssicheren Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses bis zur Verhandlung mit dem Betriebsrat über die Einführung der tariflichen Arbeitszeitflexibilisierung im Betrieb.

Erfahrungen und Ereignisse aus der Einzelberatung behandeln wir, wie in der Rechtsberatung üblich, streng vertraulich. Zu bemerken ist jedoch, dass einen Schwerpunkt in der Beratungspraxis auch im vergangenen Jahr sehr aufwändige Auseinandersetzungen um fristlose oder sonst verhaltensbedingte Kündigungen bildeten. In diesen Verfahren steht regelmäßig auf allen Seiten wenig Verhandlungsspielraum zur Verfügung, aber viel auf dem Spiel. Ein sehr hohes Maß an Leidensfähigkeit ist seitens der Arbeitgeber gefordert. Ihnen wird nicht selten von den Richtern am Arbeitsgericht in einer sicheren „Hinterher-Betrachtung“ vorgeworfen, sie seien zu Beginn zu nachlässig gewesen und am Ende zu empfindlich. Mit der nötigen Erfahrung, dem Blick für das Machbare und (möglichst) frühzeitiger Beratung und Vorbereitung lässt sich dennoch vieles lösen. Dafür stehen wir unseren Mitgliedern mit Rat zur Seite.

Daneben bestand aufgrund der Neuerungen durch die EU-DSGVO im Jahr 2018 erwartungsgemäß ein erhöhter Beratungsbedarf im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes. Diese Fragen müssen zwar immer auch mit dem betrieblichen Datenschutzbeauftragten abgestimmt werden. Vielfach konnten wir aber die Mitglieder mit ersten Hinweisen und Mustern unterstützen.

Die individuelle Beratung ist nicht nur für die Mitgliedsunternehmen eine wichtige Dienstleistung, sondern für den Verband auch ein Instrument, um von generellen (Fehl-)Entwicklungen zu erfahren. Beispielhaft zu nennen sind die zahlreichen Auseinandersetzungen um die Abgeltung von Resturlaub oder die Eingruppierung bei einfachsten Arbeiten.

Die Abgeltung von Urlaub aus der Zeit langanhaltender Erkrankungen ist bereits seit der vielbeachteten „Schultz-Hoff-Entscheidung“ des EuGH im Jahr 2009 heftig umstritten und führt noch immer zu nahezu täglichen Anfragen. Der EuGH hatte entschieden, dass während langanhaltender Erkrankung der Urlaub nicht wie bisher verfallen könne. Wir haben in der Folge stets vertreten, dass jedenfalls die tarifvertraglichen Ansprüche in unserer Branche eigenständig geregelt sind und daher nicht den Verfallsregelungen des gesetzlichen Urlaubs und der EuGH-Rechtsprechung dazu unterliegen. Inzwischen ist das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in einem Musterprozess unserer Rechtsansicht gefolgt. Eine Klarstellung der tariflichen Regelungen konnte hingegen mit der IG BAU noch nicht erreicht werden.

Wiederholt kommt es zu Auseinandersetzungen darüber, ob Mitarbeiter, die zwar keine Reinigungsarbeiten aber andere einfache Arbeiten wie z. B. das Absacken verrichten, in die Einstiegslohngruppe einzuordnen wären, bzw. wie der Vergleichslohn für entsprechend eingesetzte Leiharbeitnehmer zu bemessen ist. Eine gerichtliche Entscheidung ist bisher nicht nötig geworden. Dennoch belasten solche Auseinandersetzungen unnötig das Arbeitsklima im Betrieb.

Erst aus der täglichen Beratungspraxis ergibt sich in diesen und anderen Fällen, welche Klarstellungen oder Änderungen z. B. im Rahmentarifvertrag künftig mit der IG BAU verhandelt werden müssen. So greifen Rechtsberatung, Tarifpolitik und politische Forderung nahtlos ineinander.

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Veranstaltungen

Die für die Personalarbeit wichtige Quintessenz aus Verbandsarbeit und Einzelberatung geben wir im Rahmen unserer Schulungen regelmäßig weiter.

Im November 2019 fand eine gut besuchte Personalleiterschulung mit dem Schwerpunktthema Dienstleistungen und Förderprogramme der Bundesagentur für Arbeit statt. Hierzu hatten wir Frau Annette Gerz von der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit eingeladen.

In ihrem kurzweiligen Vortrag konnte sie uns hilfreiche Einblicke in die Förderprogramme und Dienstleistungen der Bundesagentur für Arbeit vermitteln und auf viele Aspekte der Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur aufmerksam machen, die bei den Mitgliedsunternehmen vielfach noch nicht bekannt waren.

Fachveranstaltungen

Neben den Schulungen zu reinen Personalthemen für die Geschäftsführungen und Personalleiter, nutzen wir den Vorteil von Fachveranstaltungen, um spezifische Themen anzusprechen.

Die persönlichen Kontakte auf unseren Veranstaltungen zu den externen und eigenen Referenten schließlich erleichtern die weitere individuelle Beratung, die nicht im Rahmen einer Schulungsveranstaltung erfolgen kann.

Personalleiterschulung im November 2019: Martina Grühbaum (ISTE) zu Azubimarketing, Arne Hilt (ISTE) zu aktuellen arbeitsrechtlichen Fragen, aufmerksame Teilnehmer bei der Vorstellung von Förderprogrammen und Arbeitgeberservices durch die Bundesagentur für Arbeit


Arbeitskreis Personalleiter

Auch im Jahr 2019 wurde die Arbeit im Arbeitskreis Personal weitergeführt. Dabei tagte der Arbeitskreis im Frühjahr bei der Firma bmk in Talheim und im Herbst bei der Firma Holcim (Süddeutschland) in Dotternhausen. Unser für den 21.04.2020 angesetzte Termin bei der Firma KRONIMUS AG in Iffezheim musste leider aufgrund der Corona-Pandemie auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.

Der Arbeitskreis hat sich in seinen Sitzungen und während der Corona-Pandemie auch in einem Webmeeting intensiv mit einer neuen modernen Ausbildungskampagne beschäftigt. Das Rad neu erfinden… will der Arbeitskreis Personal dabei nicht! Aber er will es verbessern. Eine der größten Herausforderungen für Unternehmen ist die Gewinnung guter Fachkräfte und der nachhaltigste Ansatz dafür ist und bleibt die Ausbildung im eigenen Unternehmen oder zumindest in der Branche.

Mit der neuen Ausbildungskampagne wollen wir die Mitglieder zukünftig noch besser darin unterstützen, Auszubildende für die Steine- und Erdenindustrie zu gewinnen. Das gemeinsam mit dem Arbeitskreis Personal und dem Grafik-Designer Bernd Schuler von xx Design Partner entwickelte Marketingkonzept setzt auf Karten zu verschiedenen Ausbildungsberufen und allgemeinen Themen (Praktika, Ausbildungsvergütung, Umwelt), einem Messestand und einer neu gestalteten Internetseite.

Wir wollen damit vor allem auch kleineren Unternehmen die Möglichkeit geben, sich attraktiv am Ausbildungsmarkt zu präsentieren und ein besonderes Augenmerk auf die Steine- und Erdenbranche lenken. Auch die größeren Mitgliedsunternehmen unterstützen das Vorhaben engagiert, denn in der Öffentlichkeit wird die Branche nach wie vor als Nische wahrgenommen. Es ist deshalb wichtig, uns als Ausbildungsbranche gemeinsam zu präsentieren, im Internet, bei öffentlichen Veranstaltungen oder z. B. auch gegenüber den Berufsberatern der Arbeitsagentur.

Einen großen Vorteil der Kampagne sieht der AK Personal im ISTE deshalb darin, dass sich alle Branchenzweige – von Asphalt bis Zement – in einem einheitlichen Auftritt bemerkbar machen. Dies zeigt die Vielfalt, Bedeutung und Größe der Branche. Es entspricht außerdem der Struktur vieler Mitgliedsunternehmen, die oft in zahlreichen Branchenzweigen tätig sind. So wird die Ausbildung in der Steine- und Erdenindustrie für Jugendliche attraktiver, wovon am Ende alle Unternehmen der Branche profitieren, ganz gleich wie groß und in welcher Fachrichtung sie tätig sind.

Die Kampagne ist in der Endabstimmung. Die Internetseite soll nach der Sommerpause 2020 an den Start gehen.

Unter dem Motto "Bock auf Steine? Wir brauchen dich!" werden die Berufsbilder der Steine- und Erdenindustrie vorgestellt – in Form von Karten, im Internet und mittels eines Messestandes.


Fachexkursion für Berufsberater der Agentur für Arbeit

Erstmalig haben wir in Kooperation mit und auf Einladung der Firma Holcim (Süddeutschland) GmbH im Herbst 2019 eine Fachexkursion ins Zementwerk in Dotternhausen für die Berufsberater der Bundesagentur für Arbeit angeboten.

Mit dieser Veranstaltung hatten die Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit die Möglichkeit, einen Einblick in die Ausbildungs- und Arbeitswelt in der Baustoffindustrie zu erlangen.  Zu den Teilnehmern zählten nicht nur Berufsberater für Aus- und Umschulung, sondern auch Arbeitsvermittler (Wiedereingliederung nach Krankheit, Langzeitarbeitslose z. T. ohne Ausbildung) und die Bundeswehr (Wiedereingliederung nach dem Wehrdienst). Dabei wurden nicht nur die branchentypischen Ausbildungsberufe, Verdienst- und Weiterbildungsmöglichkeiten vorgestellt, sondern es konnte durch eine Werksführung sowie einer Führung im Steinbruch realistische Arbeitssituationen veranschaulicht und die theoretischen Inputs visualisiert werden.

Am Nachmittag berichteten drei Auszubildende der Firma Holcim (Süddeutschland) GmbH sowie deren Ausbildungsleiter Jan Schwarz über die Ausbildungsprogramme der Firma Holcim, von der Ausbildung selbst sowie von Auslandserfahrungen, die auch in unserer Branche möglich sind. Die abschließende offene Fragerunde brachte noch einmal zum Ausdruck, wie wichtig dieser informative Austausch ist, um die Branche weiter bekannt zu machen. Denn nur wer die Branche kennt, kann Andere für sie gewinnen und überzeugen.

Als Verband werden wir auch zukünftig unsere Mitglieder dabei unterstützen, solche überregionalen Veranstaltungen mit zu organisieren und durchzuführen.

Ausbildungsleiter Jan Schwarz (Holcim (Süddeutschland) GmbH) erläutert Berufsberatern der Arbeitsagentur die Tätigkeiten im Zementwerk Dotternhausen.

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Forderungen an die Politik
  • Das Bundesmindestlohngesetz muss dringend eine Öffnung für tarifliche Regelungen erhalten und besonders im Bereich der Arbeitszeitflexibilisierung den Arbeitsvertragsparteien mehr Gestaltungsspielraum einräumen.
  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer benötigen dringend ein zeitgemäßes Arbeitszeitrecht, das den Anforderungen der sich wandelnden Arbeitswelt gerecht wird. Die sich abzeichnenden Änderungen bei der Arbeitszeitdokumentation, entsprechend der jüngsten Rechtsprechung des EuGH, dürfen nicht vorgenommen werden, ohne die europarechtlich zulässigen Spielräume zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung den Arbeitgebern und Arbeitnehmern ebenfalls einzuräumen.
  • Die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung darf nicht eingeschränkt werden. Weder ist sie ein Massenphänomen noch erfolgen diese Befristungen willkürlich. Deren Einsatz ist schon jetzt klar beschränkt und Kettenbefristungen auf diese Weise ebenfalls nicht möglich. Auf der anderen Seite sichert die sog. sachgrundlose Befristung die nötige Sicherheit und Flexibilität bei unvermeidbaren Veränderungen im Betrieb und bietet gleichzeitig vielen Arbeitnehmern die Chance zum Einstieg in die unbefristete Beschäftigung.

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