Wohnungsbausymposium 2018
Am 22. November 2018 fand in Stuttgart ein Symposium der Aktionsgemeinschaft „Impulse für den Wohnungsbau in Baden-Württemberg“ statt. Unter dem Motto „Wohnungsbau in Baden-Württemberg – qualitätsvoll, schnell, bezahlbar?“ wurden gemeinsam mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Lösungsansätze für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum diskutiert. Ein Thema, das weiterhin viele beschäftigt, dies zeigte auch die positive Resonanz im Vorfeld der Veranstaltung. Über 400 Interessenten hatten sich angemeldet, weit mehr als die räumlichen Kapazitäten im Haus der Architekten zuließen und so konnten schließlich „nur“ 180 Teilnehmer, Architekten, Planer, Vertreter aus Städten und Kommunen sowie Bauträger, den Ausführungen der Referenten folgen.
In seiner Begrüßung forderte der Sprecher der Aktionsgemeinschaft Jochen Bayer von Bund, Land und Kommunen die Aufnahme gezielter Maßnahmen um das Bauen in Baden-Württemberg einfacher, schneller und damit kostengünstiger zu gestalten. Er wies auf die zentralen Forderungen im neuen Positionspapier des Verbändebündnisses hin: die Vereinfachung der Baulandausweisung, eine Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren, die Vermeidung kostentreibender Verschärfungen von Gesetzen und Normen, eine stärkere Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums sowie den Start einer Mietwohnungsbauoffensive. Gleichzeitig äußerte er sein Unverständnis über die aktuelle Diskussion im Land, Holz beim Bau von staatlichen Gebäuden aufgrund seiner vermeintlichen ökologischen Vorteile verstärkt einzusetzen. „Im Markt konkurrieren unterschiedliche Baustoffe und Bauweisen miteinander. Dieser Wettbewerb trägt dazu bei für die einzelnen Problemstellungen am Bau die bestmögliche Lösung sprich den bestmöglichen Baustoff in Anwendung zu bringen und den Preisauftrieb in Grenzen zu halten“, so Bayer. Die Bevorzugung eines einzelnen Baustoffes widerspräche diesem Prinzip.
Dr. Markus Müller, Leiter der Abteilung Infrastruktur und Wohnungsbau im Wirtschaftsministerium, der als Vertretung für die verhinderte Staatssekretärin Katrin Schütz kam, ging nicht explizit darauf ein, betonte jedoch, dass die Maßnahmen des Landes zur Wohnbauförderung alle baustoffunabhängig seien. Er führte als Beispiel das Förderprogramm Wohnungsbau Baden-Württemberg auf, mit dem der Bau von Miet- und Sozialwohnungen angekurbelt wird. Bis Ende 2019 stehen rund 500 Millionen dafür zur Verfügung. Mit dem Städtebauförderungsgesetz konnten aus Bundes- und Landesfinanzmittel zudem bisher rund 255 Millionen Euro in die städtebauliche Erneuerung investiert werden. Für das Jahr 2018 seien außerdem 900.000 Euro in das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ geflossen. „Ungenutzte Flächen im Siedlungsbestand für Wohn- und Arbeitszwecke wieder zugänglich zu machen, trägt entscheidend zur Attraktivität unserer Dörfer und Städte bei. Allerdings ist das Ausschöpfen der vorhandenen Potenziale nicht immer leicht, daher spielt auch die Außenentwicklung eine wichtige Rolle“, so Dr. Müller. Die beste Antwort auf den Wohnungsmangel sei das Vorhandensein eines ausreichenden Angebots an Wohnraum, hierfür müssen auch die Rahmenbedingungen für die Investoren stimmen. Die Einführung des Baukindergeldes und der Sonder-AfA durch den Bund seien wichtige Schritte um diese zu verbessern.
Matthias Günther, Geschäftsführer des Eduard Pestel Instituts in Hannover, gewährte in seinem Vortrag Einblick auf die Fakten des Wohnungsbaus. Trotz einem Anstieg der Baugenehmigungen und der Fertigstellungen liegt der erzielte Wert der gebauten Wohneinheiten weiterhin unter dem jährlichen Bedarf. Rund 135.000 Wohnungen fehlten Ende 2017 in Baden-Württemberg, berücksichtigt man die erhöhte durchschnittliche Zuwanderung von über 100.000 Personen pro Jahr. Des Weiteren wird das Bauen immer teurer. Die Verantwortung für die erhöhten Kosten und die damit einhergehenden steigenden Mieten sieht der Ökonom im Wesentlichen beim Gesetzgeber und die höheren, insbesondere energetischen, Anforderungen. Außerdem werde zu wenig Bauland bereitgestellt. Die Baulandpreise ließen bezahlbaren Wohnungsbau in den Ballungsräumen nicht mehr zu. Er forderte eine zumindest temporäre Aufgabe der restriktiven Baulandpolitik, um die spekulativen Preisübertreibungen zu bremsen. Bereits heute lägen in den Großstädten 35 % bis 50 % der privaten Haushalte unterhalb der Einkommensgrenzen, die zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigen. Das Angebot an Sozialwohnungen mache bundesweit dagegen nur 6 % des Mietwohnungsbestandes aus. „Der „Markt“ produziert seit Jahren unterhalb des Bedarfes, es muss jetzt gefördert werden, um den Wohnungssuchenden eine Perspektive zu geben“, mahnte der Wohnungsbauexperte. „Boden ist ein Schatz. Mit diesem muss sorgsam umgegangen werden“, mit diesen Worten eröffnete Prof. Aring vom Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung seinen Beitrag zur Bodenpolitischen Agenda 2020 - 2030. Eine nachhaltige Stadtentwicklungspolitik und eine soziale Wohnungspolitik seien ohne eine aktive Liegenschaftspolitik langfristig nicht umsetzbar. Dies beinhalte unter anderem eine gemeinwohlorientierte Vergabe von Grundstücken der öffentlichen Hand, die Einrichtung eines Boden- und Infrastrukturfonds sowie die Einräumung eines Vorrang von kommunalen Zwischenerwerb und strategischer Bodenbevorratung vor städtebaulichen Verträgen. Außerdem müsse die Handlungsfähigkeit der Kommunen gestärkt und die planungsrechtlichen Instrumente verschärft werden. Er sprach sich dabei für eine Weiterentwicklung des kommunalen Vorkaufsrechts und die Stärkung der Gemeinwohlziele in der Innenentwicklung aus. Wichtig sei es auch, dass die Städte und Gemeinden ihre verlorene Steuerungskraft zurückgewinnen. „Steuern durch Steuern“, so der Experte, der für die Einführung einer Bodenwertsteuer und die Absenkung der Grunderwerbssteuer auf 3,5 % plädierte.
Interessante Impulse für zukunftsweisende Wohnungsbaukonzepte lieferte Architekt Bernd Hullak. Er präsentierte das Projekt OPTIMUS. Das Büro Hullak Rannow Architekten GbR aus Ulm gehört zu den insgesamt neun Bietergemeinschaften, die den Zuschlag im Rahmen des europaweiten Ausschreibungsverfahrens für serielles und modulares Bauen erhielten. Dadurch, dass Teile der Projektausschreibung und -vergabe sowie der Planung durch die Rahmenvereinbarung vorweggenommen werden und durch die kürzeren Bauzeiten dank der Vorfertigung, ergeben sich unter anderem Zeit- und damit Kostenersparnisse. Die für fünf Jahre festgeschriebenen Angebotspreise liegen hier zwischen 2.000 und 3.200 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und damit unter den durchschnittlichen Herstellungskosten für Mehrfamilienhäuser in Deutschland. Das serielle Bauen kann jedoch nur ein kleiner Teil der Lösung sein, um den herrschenden Wohnungsmangel zu bekämpfen. Vielmehr gibt es zahlreiche weitere Stellschrauben, an die es zu drehen gilt. Dies zeigte auch die abschließende Podiumsdiskussion.
Als Vertreter der Landesregierung standen die Abgeordneten Andrea Lindlohr, Vorsitzende des Arbeitskreises Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau der Fraktion GRÜNE und Tobias Wald, wohnungsbaupolitischer Sprecher der CDU Rede und Antwort. Sie wurden aufgefordert die zahlreichen ordnungspolitischen und rechtlichen Einflussfaktoren, die das Bauen verteuern und die Mieten nach oben treiben zu hinterfragen und flexibler zu handhaben.
Dirk Braune, Geschäftsführer Kreisbaugesellschaft Waiblingen mbH, zeigte die Problematik von überzogenen baulichen Anforderungen für die Bauausführenden anhand von Praxisbeispielen auf.
Wilfried Hajek, Baubürgermeister der Stadt Heilbronn, und Boris Palmer, Oberbürgermeister der Stadt Tübingen, berichteten über ihre Erfahrungen und den Herausforderungen vor denen ihre Städte stehen. Sie verlangten unter anderem mehr Selbstbestimmung für Städte und Kommunen. Einen legalen, aber nicht unumstrittenen Weg mehr Wohnraum zu schaffen, kündigte Herr Palmer an: Nach dem Bundesbaugesetzbuch können Kommunen ein Baugebot anordnen. Damit können sie Eigentümer zwingen, ausgewiesenes Bauland zu bebauen. Kommen diese der Aufforderung nicht nach und verkaufen sie ihr Land auch nicht, könnten sie enteignet werden. „Es muss Schluss sein mit den Enkelgrundstücken“, so Palmer.
Udo Casper, Geschäftsführer Deutscher Mieterbund Baden-Württemberg, beklagte das Fehlen von ausreichenden Sozialwohnungen. Die Erhöhung der Landesmittel für die Wohnraumförderung sei richtig, es müsse allerdings noch viel mehr getan werden. Er begrüße daher die geplante Zusage vom Bund den sozialen Wohnungsbau auch nach dem Auslaufen der Kompensationszahlungen im Jahr 2019 zu unterstützen und die dafür notwendige Grundgesetzänderung auf den Weg zu bringen. Nur gemeinsam können die Herausforderungen am Wohnungsmarkt gestemmt werden, um langfristig ausreichenden, qualitätsvollen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, dies war auch das Fazit des Symposiums. Einige Weichen sind bereits richtig gestellt worden, der „Werkzeugkoffer der Wohnraumförderung“ enthält jedoch noch viele weitere Instrumentarien, die zum Einsatz kommen müssen. Das Positionspapier und die Vorträge können auf www.impulse-fuer-den- wohnungsbau.de unter der Rubrik „Länderinitiativen“ heruntergeladen werden. Die Aktion Impulse für den Wohnungsbau in Baden-Württemberg ist ein breites Bündnis von Vertretern der Bau- und Immobilienwirtschaft, von Kammern, Arbeitnehmern und Mietern. Ziel ist es, für bessere politische Rahmenbedingungen im Wohnungsbau zu werben.
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Quelle: Impulse für den Wohnungsbau in Baden-Württemberg
c/o Fachverband Beton- und Fertigteilindustrie Baden-Württemberg e. V.
Gerhard-Koch-Str. 2+4
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Ansprechpartnerin:
Dipl. Oec. Gramatiki Satslidis
satslidis@betonservice.de
www.impulse-fuer-den-wohnungsbau.de
Bilder: Roberto Bulgrin