STEINZEIT: Zeit für Stein(kunde) im Kloster Maulbronn – Fachexkursion mit dem Werkbund Baden-Württemberg e.V.
Die malerische Landschaft von Baden-Württemberg – vom Odenwald bis zum Alpenvorland, vom Oberrheingraben bis zu den Höhen des Schwarzwalds und der Schwäbischen Alb – birgt zahlreiche unterschiedliche Gesteinsarten. Diese haben sich über Millionen von Jahren durch Vulkanausbrüche, Eiszeiten, Ozeane und tektonische Verschiebungen geformt. Diese Gesteine sind nicht nur ein Bestandteil unserer Städte und Dörfer, sondern tragen auch zur Identität unserer Region bei.
Gesteine prägen damit unsere Region und gestalten unsere gebaute Umwelt. Daher laden der Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg e.V., die Steine Erden Akademie - stea und der Deutsche Werkbund Baden-Württemberg e.V. im Rahmen ihrer Kooperation unter dem Titel „STEINZEIT – Baustoffkunde nicht nur für Architekten“ jedes Jahr zu besonderen Orten ein, die diese gebaute Umwelt in den Vordergrund stellen: In diesem Jahr ging es Mitte Oktober ins Kloster Maulbronn.
Exkursion nach Maulbronn: Kloster und Evangelisches Seminar Maulbronn
Die Klosteranlage gilt als eine der am besten erhaltenen Anlagen des Mittelalters nördlich der Alpen und ist seit 1993 UNESCO-Weltkulturerbe. Viele Stilrichtungen – von der Romanik bis zur Spätgotik – sind in den Gemäuern der ursprünglichen Zisterzienserabtei zu finden, die heutzutage teilweise als Internat genutzt wird. Darauf gingen auch Holger Probst, der Abteilungsleiter Hochbau, Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim und Euphorus Keitel, Schulleiter des evangelischen Seminars – ein Internat für Schüler:innen – in ihrer Führung durch die Klosteranlage ein. Sie zeigten dabei, wie Menschen die Abtei im Laufe der Jahrhunderte baulich verändert haben – und welches Zeugnis die Steine darüber heute noch ablegen.
Anhand mehrerer Beispiele offenbarte Holger Probst zudem, wie schwer es ist, Denkmalschutz mit heutigen Anforderungen wie Sicherheit, Barrierefreiheit aber auch Wohnlichkeit zu vereinbaren. So zum Beispiel anhand eines Fahrstuhls, der für den Schulbetrieb installiert wurde oder einer Säule, die mittels einer runden Stahlvorrichtung gestützt werden muss. „Das Ziel von Denkmalschutz ist den vorgefundenen Zustand zu bewahren – und nicht in einen älteren Zustand zurückzuversetzen,“ sagte Holger Probst bei der Führung. Dies beinhalte beispielsweise auch die Entscheidung, eine bauliche Maßnahme aus jüngerer Geschichte auch dann nicht rückgängig zu machen, wenn sich dahinter ein älteres Stück Baugeschichte verberge.
Woher kommen die Steine für den Denkmalschutz? Führung durch Gewinnung und Verarbeitung von Naturwerkstein
Neben dem Denkmalschutz bot die Exkursion Einblicke in die Gewinnung und Verarbeitung von Naturwerksteinen. So ging es nach einem kurzen Spaziergang zum Sandsteinbruch der Firma Lauster Steinbau, aus dem unter anderem das Kloster Maulbronn zu Restaurationszwecken versorgt wird. Albrecht Lauster, Geschäftsführer des Naturwerksteinbruchbetriebs und Vorsitzender der Fachgruppe Naturwerkstein im ISTE, zeigte der Gruppe den Steinbruch und die Halle, in der die Naturwerksteine in Form geschnitten und gesägt werden. Die Teilnehmer:innen zeigten sich unter anderem von den mehreren Metern großen Sägeblättern beeindruckt.
„Naturwerkstein ist ein nachhaltiger Baustoff,“ brachte es Albrecht Lauster bei seinem anschließenden Fachvortrag zum Thema „Ein Beitrag zum Klimaschutz: Nachhaltiges Bauen mit regionalem Naturwerkstein“ auf den Punkt. Anhand einiger Zahlen und Statistiken untermauerte er, dass Naturwerkstein nicht nur ein angenehmes und natürliches Raumklima schafft, sondern auch bei der Nachhaltigkeit punkten kann – solange er aus heimischen und regionalen Vorkommen stammt. Ein Beispiel: Der durchschnittliche Verbrauch für den Transport von Naturstein aus Deutschland beträgt 4,4 Kilogramm CO₂ pro Tonne. Dem gegenüber steht China mit dem 60-fachen CO₂ -Austoß von 265 Kilogramm CO₂ pro Tonne – Zahlen, die die Teilnehmer:innen beim abschließenden Imbiss genug Anlass für Austausch und Diskussion gab.
Weitere Informationen:
Studie des Deutschen Naturwerkstein-Verbands e.V.