Zum Abschied von Heinz Sprenger: Tapfer wider den Lumpazivagabundus
Tapfer wider den Lumpazivagabundus
Jeder kämpft nach seiner Façon gegen den bösen Geist, den Lumpazivagabundus, der nicht ans Gute im Menschen glauben will. Heinz Sprenger tat dies 30 Jahre lang mit dem scharfen Schwert des Rechts, aber auch mit dem einnehmend-konzilianten Wesen des Schwaben, mit spitzbübischer Ironie und mit versöhnendem Humor. Jetzt verlässt der Justitiar und stellvertretende Hauptgeschäftsführer seinen Verband, den ISTE, und tritt in den verdienten Ruhestand.
„Einen Glücksfall für den Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg“ nannte ISTE-Präsident Peter Röhm Sprengers Entscheidung vor drei Jahrzehnten, sich um eine dort vakante Stelle zu bewerben. Drei wichtige Ereignisse verbinde er mit dem Jahr 1990: den deutschen Fußball-Weltmeister-Titel im Sommer, den Vollzug der deutschen Einheit durch den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes am 3. Oktober und - zwei Tage zuvor - Heinz Sprengers Dienstantritt beim ISTE. Insgesamt ein glückliches Jahr - nicht nur in den Augen des Präsidenten.
In den Augen des künftigen Ruheständlers wohl auch. Denn der hatte sich nach Rechtsstudium und wissenschaftlicher Mitarbeit an der Universität Tübingen, nach Prädikatsexamina und Referendariat sowie nach ein paar Jahren praktischer Erfahrung in einer Rechtsanwaltskanzlei auf die Anzeige des ISTE in der Neuen Juristischen Wochenschrift beworben. Hier - so schien dem Bewerber damals - könne man als Jurist nicht nur beraten und vor Gericht auftreten, sondern rechtlich und politisch gestaltend tätig sein. Er sollte recht behalten.
Für einen Rechtsanwalt sei so etwas nicht gerade typisch, kommentiert Sprenger mit einer unüberhörbaren Zufriedenheit, damals an die richtige Tür geklopft zu haben. FFH-Richtlinie, Ökopunkte-Verordnung, Bauordnung, Immissionsschutzrecht - hier habe man im Team gestalten können. “Eine große Erweiterung des juristischen Spektrums“, sagt er. Solch vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten seien nur wenigen Juristen vorbehalten. Sprenger trat damals in große Fußstapfen; seinen Vorgänger Dr. Roland Hecklinger bezeichnete man im Nachhinein als „legendär“.
Und dann sei da ja auch noch die Tarifpolitik gewesen. Jahrzehntelang habe er an der Seite der ehrenamtlichen Verhandlungsführer diese Gespräche als Jurist begleitet und geprägt. „Solche Verhandlungen folgen eigenen Gesetzen“, sagt er im Rückblick und meint damit die Kunst, nicht nur mit Tarifpartnern eine Einigung hinzubekommen, sondern diese dann auch noch in den eigenen Reihen zu vermitteln. Da sei oft genug nicht der Jurist, sondern der erfahrene Psychologe gefragt gewesen, der die Dinge schon von weitem kommen sieht. Im Nachhinein könne er es ja zugeben, dass nicht alles von Erfolg gekrönt war: „Nicht jede unserer Aktionen war der Brüller!“ Spätestens an dieser Stelle wird klar: Heinz Sprenger mag Menschen, und er mag, wenn es menschelt.
Das zeigte sich auch, wenn es um weitere seiner Zuständigkeitsbereiche ging: Gesellschaftspolitik, Sozialpolitik, Arbeits- und Sozialrecht, Unternehmerische Bildungsarbeit und schließlich um dem ISTE-Juniorenkreis. 1996 berief man ihn zum stellvertretenden Hauptgeschäftsführer. Eine erkleckliche Anzahl weiterer Geschäftsführungen ergänzten nach und nach seine Arbeitstage.
Was ihn – so ISTE-Präsident Röhm – keineswegs daran hinderte, als „Stimmungskanone“ bei Winterarbeitstagungen ISTE-Mitglieder nötigenfalls bis tief in die Nacht an der Bar zu betreuen. Nur, um frühmorgens wieder als juristisch präziser, stets wacher und aufmerksamer Berater der Geschäftsleitung zur Verfügung zu stehen. Röhm: „Ein Fels in der Brandung, gesegnet mit Redekunst und rhetorischer Exzellenz, ein wandelndes Archiv. Dabei einer, der stets ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte seiner Kolleginnen und Kollegen hatte.“
Was sagt Heinz Sprenger selbst dazu? Vor allem, dass er stolz ist, 30 Jahre lang in diesem Verband unterwegs gewesen zu sein und dessen rasante Entwicklung miterlebt und mitgestaltet zu haben. Das verdanke er ganz wesentlich seiner Familie, insbesondere seiner Frau Claudia. Für die habe er jetzt mehr Zeit. Auch fürs Skifahren, fürs Moutainbiken, fürs Reisen. Und natürlich für den Fußball. Kick-Treff in Stuttgart, mit jungen Kolleginnen und Kollegen: „Immer mittwochs!“
Und dann wäre da ja auch noch die Sache mit seinem Namen. Nicht mit dem Namen „Sprenger“. Damit könne man ja nur in die Steine- und Erden-Branche gehen – das ist bekannt und bei jeder Gelegenheit zu hören. Nein, die Sache mit „Balthasar“. Denn vollständig heißt er Heinz Balthasar Sprenger. Das habe mit der Maulbronner Linie seiner Familie zu tun, erklärt er. Den jeweils erstgeborenen Jungen werde diese schöne Tradition zuteil, die er gerne mit dem ersten seiner beiden Söhne fortgesetzt habe.
Balthasar – das bedeutet „Gott schütze den König“. Es war der Name eines der drei Weisen aus dem Morgenland, und so bezeichnet man auch die 12-Liter-Wein- oder Champagner-Flasche. Vielleicht war sein zweiter Vorname „Balthasar“ ja auch dem Juristen und ISTE-Kollegen Heinz Sprenger nützlich in seinem täglichen und tapferen Kampf wider den bösen Geist, den Lumpazivagabundus.