Winterdialog des ISTE: Verkehrsminister Hermann erwartet weitere Großinvestitionen
Kurz vor den Landtagswahlen hat der Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg e.V. (ISTE) seine Winterdialoge mit einem Online-Gespräch mit Landesverkehrsminister Winfried Hermann MdL (Bündnis 90 / Die Grünen) abgeschlossen. Der Politiker kündigte dabei sowohl im Straßen- als auch im Infrastrukturbau für die nahe und mittlere Zukunft weitere Großinvestitionen an. Dabei gelte weiterhin das Prinzip „Erhaltung vor Neubau“. Die Unternehmerinnen und Unternehmer der Rohstoffindustrie begrüßten diese Einschätzungen.
ISTE-Präsident Peter Röhm dankte dem Minister, dass dieser anstelle des familiär gebundenen Spitzenkandidaten der Bündnisgrünen, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der Einladung gefolgt ist. Man sei sich seit langem nah und vertraut, wenngleich auch nicht immer einer Meinung, so Röhm. Der Winterdialog des Industrieverbandes gebe jedoch erneut Gelegenheit, in kleiner und intensiver Runde Themen beiderseitigen Interesses anzusprechen.
Der Minister seinerseits beschrieb einen ganzen Fächer an Aufgaben, bei welchen die Rohstoffindustrie entscheidende Beiträge leisten kann und muss. So stellte er im Rückblick fest, dass in den vergangenen zehn Jahren der grün geführten Koalition in Baden-Württemberg mehr Geld in den Straßenbau investiert worden sei als zuvor. Allerdings habe es einen Paradigmenwechsel gegeben. Es gehe jetzt mehr um die Sanierung von Verkehrswegen und Infrastrukturen als um deren Neubau. „Hier hat auch in anderen Ländern und sogar im Bund ein Umdenken eingesetzt: Erhaltung vor Neubau heißt die Devise“, sagte der Minister. Nachdem sich bei den Autobahnen des Bundes viel getan habe, stünden jetzt die Fern- und Landesstraßen mit erheblichen Investitionen an. Diese würden in den kommenden Haushalten des Landes auch vorgesehen. „Man ist nie fertig mit dem Erhalten“, so Hermann.
Der Minister unterstrich, dass Baden-Württemberg bei der Sanierung der Landesstraßen das derzeitige Niveau in den nächsten zehn Jahren halten wolle. Großes Thema der Zukunft sei die Brückensanierung. Er kritisierte, dass Politik und Planung vielfach zu lange bräuchten, um Erhaltungsmaßnahmen und insbesondere neue Projekte umzusetzen: „Wir müssen deutlich schneller werden!“ Hermann sprach sich weiterhin für Bürgerbeteiligung aus, sieht aber noch erhebliches Beschleunigungspotential auf Planungs- und Verwaltungsseite.
Bis 2030 wolle man die Kapazitäten des Öffentlichen Personennahverkehrs verdoppeln, kündigte der Minister an. Es seien bereits über 300 neue Schienenfahrzeuge durch das Land angeschafft worden. „Züge in Baden-Württemberg sind nicht nur mehr DB-rot“, so Herrmann. Eine Verdoppelung jedoch gehe nicht ohne erheblichen Ausbau und Elektrifizierung des vorhandenen Netzes. Dafür brauche man die entsprechenden mineralischen Rohstoffe. Weitere große Schienenprojekte stünden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten an. „Stuttgart 21 ist nicht das Ende“, so Hermann.
Baden-Württemberg sei nach wie vor ein vom Automobil geprägtes Land, räumte der Verkehrsminister ein. Allerdings müsse sich der Charakter der Mobilität mit Blick auf den Klimaschutz deutlich ändern. So sei beim Personen- als auch beim leichten LKW-Transport die Elektrifizierung das Gebot der Stunde. Bei schwereren Transportfahrzeugen sowie beim Luftverkehr hingegen würden sogenannte Refuels künftig wichtige Rollen spielen. Das Land gehe hier in Vorleistung, indem es die gemeinsame Initiative der Zementindustrie und des Stuttgarter Flughafens fördere, solche synthetischen Kraftstoffe zu entwickeln: „Dies nutzt allen: der Zementindustrie, die bis 2050 CO2-neutral werden will, und der Luftfahrt, welche ebenfalls ihre Treibhausgasemissionen in den kommenden Jahrzehnten gegen Null fahren muss.“ Beim Transport wolle sich das Land dafür einsetzen, zusätzliche KV- Terminals für kombinierten Verkehr von Schiff, Bahn und Straße zu errichten wie auch City-Logistik-Terminals. Den Schiffsverkehr und die Schiene wolle man fördern.
Mit Blick auf den Autoverkehr kündigte Hermann an, dass 500 Ortsmitten im ganzen Land umgestaltet werden sollen. „Wir brauchen ein anderes Bauen, das für Lebendigkeit und Verkehrsberuhigung sorgt!“ Allerdings bestehe hier das Problem, dass es von Seiten der Kommunen zu wenig Pläne als auch zu wenig Planer gebe. Die Projekte seien im Prinzip finanziert, scheiterten aber an mangelnden Abrufen durch die Gemeinden.
Die Unternehmerinnen und Unternehmer des ISTE zeigten sich zufrieden mit diesen Ankündigungen und Einschätzungen des Verkehrsministers. Diese gäben Planungssicherheit. Sie dankten für die bisherige gute Zusammenarbeit. Wenn es weiterhin den Willen zu Großprojekten gebe, müsse allerdings frühzeitig für die nötige Rohstoffsicherung gesorgt werden, so der Tenor der Wortmeldungen.
Viele sprachen sich dafür aus zu überlegen, wie man insbesondere beim Schüttgut die Auflastungen von LKW erhöhen könne. So ließen sich Transporte sparen und klimaschonend realisieren.