Rohstoffgewinnung und Rohstoffsicherung in der Region Hochrhein-Bodensee

Die Broschüre zur Region Hochrhein-Bodensee bildet den Auftakt für eine regionalisierte Öffentlichkeitsarbeit des ISTE. Sie ist adressiert an Menschen mit politischer Verantwortung, Vertreter:innen von Behörden und Kommunen sowie die interessierte Öffentlichkeit. Den Link zum Download finden Sie hier.

Die Hintergrundinformationen, die in Form von QR-Codes in der Broschüre verlinkt sind, sind innerhalb der folgenden aufklappbaren Bereiche dargestellt.


Massenströme der Steine- und Erdenindustrie

Statistisch gesehen braucht jeder von uns stündlich ca. 1 Kilogramm Natursteine, Sand, Kies, Gips oder Steinmehl. Etwa 10 Prozent des Bedarfs kann mit Recycling-Baustoffen abgedeckt werden.
Die Massenstromgrafik der Steine- und Erdenindustrie in Baden-Württemberg können Sie als PDF-Dokument anschauen und herunterladen.


Rohstoffsicherung und Regionalplanung in Baden-Württemberg

Rechtliche Grundlagen und Vorgehensweise

Die ausreichende Versorgung mit mineralischen Rohstoffen dient der Sicherung der Standortvoraussetzungen für die Gesellschaft. Die mittel- und langfristige Sicherung der für die Gewinnung von Kiesen, Sanden und Festgestein geeigneten Bereiche gegenüber anderen Nutzungsansprüchen ist gemäß Landesentwicklungsplan BW 2002 (LEP 2002), Raumordnungsgesetz (ROG, §2 Abs. 2 Nr.4) und Landesplanungsgesetz (LplG, § 11 Abs. 3 Nr. 10) eine zentrale Aufgabe der Regionalplanung

Aufgrund zahlreicher gesetzlicher Vorgaben im ROG sowie im LplG und im LEP müssen die normativen Festlegungen eines Regionalplans in Anlehnung an den Ansatz von Rio 1992 dem Leitbild einer nachhaltigen Raumentwicklung entsprechen. Nachhaltig sind Regionalpläne, die „die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringen“ (§ 1 Abs. 2 ROG).

Bei den Festlegungen zum Rohstoffabbau sind deshalb die ökologischen Funktionen im Sinne einer Ressourcenschonung so zu berücksichtigen, dass mit einem möglichst geringen Freiflächenverbrauch bei möglichst großer Rohstoffausbeute die raumverträglichsten Bereiche ausgewiesen werden.

Der Landesentwicklungsplan 2002 (LEP Kap. 5.2) verpflichtet die Regionalverbände, als rechtliche Instrumente zur Sicherung von Rohstoffen sog. Abbaugebiete und Sicherungsgebiete in der Form von Vorranggebieten als rechtsverbindliche Ziele der Raumordnung im Maßstab 1 : 50 000 auszuweisen.

In den Abbaugebieten hat der Rohstoffabbau Vorrang vor anderen raumbedeutsamen Nutzungen (z.B. bauliche Nutzungen, naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen, großräumige Aufforstungen). In den Sicherungsgebieten sind die Nutzungen unzulässig, die einem späteren Rohstoffabbau entgegenstehen.

Deren Erarbeitung gliedert sich in zwei Schritte: Planentwurf (1) und Rechtsverfahren (2) nach § 12 Landesplanungsgesetz.

(1) Ausgangspunkt der Planung ist der Bedarf für eine verbrauchernahe Versorgung auf Grundlage einer Nachfrageprognose und den Informationen über die regionseigenen Lagerstätten durch die vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB am Regierungspräsidium Freiburg) herausgegebene Karte der Mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000.
Als Planungszeitraum können die Regionalverbände für die Abbaugebiete 15 bis rund 20 Jahre und für die Sicherungsgebiete bis zu rund 25 Jahre eigenständig festlegen. Für diese Periode besitzen die Unternehmen Investitionssicherheit und die anderen Raumnutzer Rechtssicherheit.
Der hieraus folgende Bedarf wird in der Regel durch eine lineare Fortschreibung der bisherigen durchschnittlichen Abbauraten der Gewinnungsstellen ermittelt. Zum Rohstoffbedarf einer Region können gemäß des Rohstoffsicherungskonzepts des Landes Baden-Württemberg Stufe 2 (RSK 2) aus dem Jahre 2004 pauschal Zuschläge für die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten gemacht werden.

Auf der Basis der vom LGRB zur Verfügung gestellten Informationen wird die Gesamtfläche einer Region auf die Rohstoffgeologischen Eignungsflächen eingegrenzt. Weitere Eingrenzung erfolgt aufgrund der Vorgaben des LEP „Tiefenausbeute vor Flächenerweiterung vor Neuaufschluss“
- durch prioritäre Prüfung des Umfeldes bestehender Abbauflächen und Betriebsstätten,
- im geltenden Regionalplan festgelegter Sicherungsgebiete,
- Interessensgebiete von Abbauunternehmen,
- Vorschläge des LGRB oder des Regionalverbandes.

Auf den als Abbau- und Sicherungsgebieten ausgewiesenen Flächen muss Rohstoffabbau, vorbehaltlich der detailgenaueren Prüfung im fachplanerischen Zulassungsverfahren (z.B. wasserrechtliche Planfeststellung beim Nassabbau von Kies) innerhalb des Planungszeitraums rechtlich möglich sein.

Deshalb ist die gesamte rohstoffgeologische Flächenkulisse anhand rechtlich zwingender Ausschlusskriterien (z.B. Naturschutzgebiete, Wasserschutzgebiete Zone I & II) weiter einzugrenzen. Flächen, bei denen Verbotstatbestände lediglich im Einzelfall einer Umsetzung entgegenstehen können (z.B. FFH-Gebiete, Landschaftsschutzgebiete, Wasserschutzgebiete Zone III A & B), bedürfen einer gemeinsamen fachlichen Einschätzung mit den Fachbehörden und sind je nach ihrem fachlichen Gewicht in die abschließende Abwägung aller planerisch ermittelten Flächen einzustellen.

Wesentliche Grundlage hierfür ist auch der nach § 9 ROG zu erstellende Umweltbericht. Er beschreibt und bewertet für alle relevanten Flächen die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen insb. auf den Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, auf sämtliche Umwelt- und Kulturgüter sowie deren jeweilige Wechselwirkungen (Ökosystem).

Die abschließende rechtssichere Endabwägung (§ 7 Abs. 2 ROG) und Feststellung des Regionalplans als Satzung mit den raumverträglichsten Bereichen erfolgt von der Verbandsversammlung des jeweiligen Regionalverbands, nachdem das

(2)   Rechtsverfahren nach § 12 LplG durchgeführt wurde.

Der Planentwurf samt Begründung und Umweltbericht ist den in § 12 Abs. 2 LplG aufgezählten Institutionen (z.B. Gemeinden, Fachbehörden, anerkannten Naturschutzvereinen) zuzuleiten. Daneben ist nach § 12 Abs. 3 LplG die Öffentlichkeit durch schriftliche und digitale Auslegung mit der Möglichkeit einzubeziehen, hierzu Stellung nehmen zu können. Sämtliche Stellungnahmen sind zu prüfen und in der Endabwägung durch die Verbandsversammlung zu berücksichtigen. Ob und wie sich die Verbandsversammlung mit den jeweiligen Stellungnahmen inhaltlich auseinandergesetzt hat, ist den Absendern mitzuteilen (§ 12 Abs. 4 LplG).

Rechtsverbindlich wird der Regionalplan nach öffentlicher Bekanntmachung der vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg als oberste Raumordnungs- und Landesplanungsbehörde erteilten Genehmigung.


 

Vereinfachtes Ablaufschema eines Regionalplanverfahrens

Die mittel- und langfristige Sicherung der für die Gewinnung von Kiesen, Sanden und Festgestein geeigneten Bereiche gegenüber anderen Nutzungsansprüchen ist eine zentrale Aufgabe der Regionalplanung. Die Regionalverbände sind verpflichtet, Gebiete für den Abbau und zur Sicherung oberflächennaher Rohstoffe im Regionalplan festzulegen. Alle Festlegungen müssen dabei einer nachhaltigen Raumentwicklung entsprechen.

Die Erarbeitung eines Regionalplans als Rechtsnorm setzt sich aus dem Planentwurf und dem Rechtsverfahren zusammen.


Rohstoffsicherung in der Region Hochrhein-Bodensee

Herausforderungen bei der Rohstoffsicherung

  • Bestehende Standorte müssen langfristig gesichert werden, um erschlossene Lagerstätten möglichst vollständig zu nutzen, vorhandene Infrastrukturen zu erhalten und eine kontinuierliche Versorgung mit mineralischen Rohstoffen sicherzustellen. 
  • Für in absehbarer Zeit auslaufende regionalbedeutsame Standorte sollen geeignete Neuaufschlüsse vorgesehen werden, um eine dezentrale Versorgung auf möglichst kurzen Wegen aufrechtzuerhalten. Hierbei sind die langen Planungs- und Genehmigungszeiträume von regelmäßig über zehn Jahren zu beachten.
  • Weitere Rohstoffvorkommen sollen gesichert werden, um sie von anderen Raumnutzungen frei zu halten, bei Nachfrageänderungen flexibel darauf zurückgreifen zu können und neuen Marktteilnehmern den Zugang planerisch zu ermöglichen.
  • Die im Plan vorgezeichnete Entwicklung zu immer weniger Standorten trotz konstantem Rohstoffbedarf, muss unter Berücksichtigung des Erhalts mittelständischer Unternehmensstrukturen, der Versorgungssicherheit mit Rohstoffen, der Minimierung von Transportwegen und Emissionen umgekehrt werden.
  • Der Rohstoffbedarf ist in Vorranggebieten gestuft für 20 und 25 Jahre abzusichern, um den Unternehmen ausreichende Planungssicherheit und Amortisationszeiträume für die Investitionen zu gewährleisten.
  • Aufgrund steigender und sich immer schneller ändernder Anforderungen an die Gewinnung selbst und die herzustellenden Produkte, muss die Planung flexibler als bisher die Erweiterung oder Neuerschließung von Gewinnungsstätten ermöglichen, um den Baustoffbedarf aus heimischen Rohstoffen decken zu können.
  • Öffentlichkeit, Entscheidungsträger und Behörden müssen sich vergegenwärtigen, dass sich mineralische Rohstoffe zum allergrößten Teil nicht substituieren lassen, aber dauerhaft für die Erhaltung und Entwicklung der gebauten Umwelt erforderlich sind. Bei einem Rückgang der Nachfrage verbleiben die Rohstoffe im Untergrund.
  • Die Raumnutzungskonflikte werden auch künftig weiter zunehmen, es werden aber auch weiterhin Rohstoffe benötigt. Daher soll versucht werden, die Rohstoffgewinnung und andere Nutzungen möglichst so zu gestalten, dass sie vereinbar sind. Dies ist z.B. in Hinblick auf den Grundwasserschutz oder die Biodiversität in vielen Fällen bereits heute möglich. Insbesondere die Chancen bei der Rekultivierung der Gewinnungsstätten sind zu nutzen.

Der Teilregionalplan Oberflächennahe Rohstoffe 2005 im Vergleich zu 2021


Weitere Informationen: LGRBwissen

LGRBwissen ist ein frei verfügbares geowissenschaftliches Portal für Baden-Württemberg, das vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) als unabhängiger Behörde betrieben wird und allen Interessierten als fachübergreifendes Karten- und Erläuterungswerk zur Verfügung steht. Neben den Themen Bodenkunde, Geologie, Hydrogeologie, Geothermie, Ingenieurgeologie und Geotourismus sind auch Informationen über die Rohstoffe des Landes anschaulich aufbereitet und dargestellt.