Zurück
28. Januar 2021

Rohstoffdialog mit Spitzenpolitikern der Grünen

Es war ein kleiner, aber ein durchaus kompetenter Teilnehmerkreis, der sich auf Einladung der Landesvorsitzenden von Bündnis 90 / Die Grünen in Baden-Württemberg, Dr. Sandra Detzer, online zusammengefunden hatte, um Fragen der Rohstoffpolitik zu erörtern. Dr. Andre Baumann, Bevollmächtigter des Landes Baden-Württemberg beim Bund und ehemaliger Landesvorsitzender des NABU, gehörte ebenso dazu wie der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes Steine und Erden Baden-Württemberg e.V. (ISTE), Thomas Beißwenger. Trotz manchmal unterschiedlicher Auffassungen im Detail war man sich doch in einem Punkt grundsätzlich einig: Heimische mineralische Rohstoffe werden auch in Zukunft unverzichtbar sein.  

Insbesondere ging es bei diesem Dialog um Rohstoffgewinnung und Naturschutz. „Wie sichern wir unseren Rohstoffbedarf und schonen gleichzeitig die Natur?“ - so lautete eine zentrale Frage.

Bei näherem Hinsehen wurde klar: Rohstoffgewinnung sowie Natur- und Artenschutz schließen einander nicht aus. Andre Baumann: “Abbaustätten können Oasen aus Menschenhand sein - wenn man es richtig macht!“ Der Politiker plädierte dafür, bei Raumplanungen frühzeitig Gebiete zu identifizieren, die sich sowohl als Gewinnungsstätten eignen als auch der Biotopvernetzung dienen können.

Beißwenger wies darauf hin, dass die ISTE-Mitgliedsunternehmen vielfach mehr für den Naturschutz täten, als sie eigentlich müssten. Die Erweiterung oder der Neuaufschluss von Gewinnungsstätten unterlägen aufwendigen Genehmigungsverfahren, in welchen auch die Nachnutzungen festgelegt seien und kontrolliert würden: „Den Unternehmen der Rohstoffbranche schaut man genau auf die Finger. Wir haben beim Naturschutz keine Defizite!“ Er unterstrich, dass die Rohstoffgewinnung kein Selbstzweck sei, sondern gesellschaftlichen Bedürfnissen genüge: „Die Unternehmen decken den Bedarf - sie weckten ihn nicht!“ Die Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges werde mit Blick auf die Zahlen deutlich. Über 100 Mio. Tonnen mineralischer Rohstoffe würden pro Jahr allein in Baden-Württemberg gefördert; das sei ein Kilogramm Steine, Kies und Sand - pro Bürger und pro Stunde. Dem Industrieverband Steine und Erden gehörten allein 500 Mitgliedsunternehmen mit 800 Werken an. Ihr Umsatz betrage mehrere Milliarden Euro.

Sowohl Baumann als auch Beißwenger waren sich einig, dass es auch künftig Erweiterungen und Neuaufschlüsse von Rohstoffgewinnungsstätten geben müsse. Es sei wichtig, dass Steinbrüche, Kies- und Sandgruben möglichst dezentral und über das ganze Land verteilt seien. Nur so könne man kurze Transportwege und damit klimafreundliche Versorgung sicherstellen. Allerdings stießen Gewinnungsstätten vor Ort bei manchen Bürgern immer wieder auf Ablehnung. Es gebe daher keinen konfliktfreien Rohstoffabbau.

Gastgeberin Sandra Detzer sah dies ähnlich. Sie plädierte dafür, immer wieder den Dialog zu suchen mit Bürgern und Bürgerinitiativen, um die Akzeptanz der über das Land verteilten Abbaustätten zu erhöhen. Gleichzeitig machte sie klar, dass sich alle an den Rahmen und die Mechanismen des Rechtsstaates zu halten hätten. Dieser sei ein starker Streitschlichtungsmechanismus, aber auch die Entscheidungen der parlamentarischen und demokratischen Gremien müsse man akzeptieren, selbst wenn sie den eigenen Interessen manchmal zuwiderliefen.

Die Grünen-Chefin würdigte Beißwenger und Baumann als „Brückenbauer“, die sich bemühten, die jeweils andere Seite zu verstehen und Kompromisse zu schließen.