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6. November 2018

"Holzbau" versus "Stein"

Die Stuttgarter Zeitung vom 3. November 2018 titelt „Das Land begibt sich auf den Holzweg.“
Am 6.11.2018 hat die Stuttgarter Zeitung eine Reaktion des ISTE veröffentlicht "Beton-Bauer wehren sich gegen Holz-Offensive"

Die nachfolgenden Fakten stehen auf wissenschaftlichem Fundament: Sie stammen aus Untersuchungen der TU Darmstadt, aus Studien vom schleswig-holsteinischen Bauinstitut ARGE für zeitgemäßes Bauen in Kiel und vom LCEE (Life Cycle Engineering Experts GmbH), ein Spin-off der TU Darmstadt, das sich auf die Optimierung der Nachhaltigkeit im Bauwesen spezialisiert hat.

Knappe Ressource in deutschen Wäldern
Als Baustoff werden fast ausschließlich (zu 96 Prozent) Nadelhölzer (Fichten und Kiefern) verwendet. Schon seit mehreren Jahren ist Deutschland mit bis zu 3 Mio. m³ Nadelholz pro Jahr Netto-Importeur. Bei der Fichte liegt der Verbrauch mittlerweile schon um 15 Prozent über dem, was in deutschen Wäldern natürlich nachwächst. Und dieser Anteil wird drastisch steigen. Denn das Verhältnis von bislang 56 Prozent Laub- zu 44 Prozent Nadelhölzern verschiebt sich bei der bereits nachwachsenden Waldgeneration in Deutschland, die lediglich 23 Prozent Nadel-, dafür aber 77 Prozent Laubhölzer hat.

Negative ökologische Transport-Bilanz
Importierte Nadelhölzer (aus Polen, Tschechien, Frankreich, Rumänien, Lettland, der Ukraine …) legen durchschnittlich 950 Kilometer zurück. Der Transport läuft überwiegend auf der Straße – zu 85 Prozent ist das Holz per Lkw unterwegs. Dann erst folgen Bahn (10 Prozent) und Binnenschiffe (5 Prozent).

Regio-Ressource Stein
Alle Mauersteine und Beton bestehen aus den natürlichen Rohstoffen Kies, Sand, Kalk oder Ton. Sie sind regional gut verteilt und praktisch unbegrenzt verfügbar. Der Stein ist eine regionale Ressource. Die Transportentfernungen liegen bei durchschnittlich 50 Kilometern. Zum Vergleich: Holz aus heimischen Wäldern wird im Schnitt über 175 Kilometer transportiert.

Kein CO2-Bilanz-Gewinner
Für die Öko-Bilanz eines Hauses ist dessen gesamter Lebenszyklus zu berücksichtigen. Es ist irreführend, den Fokus hier bewusst nur auf den Herstellungsprozess zu richten. Das Ergebnis einer umfassenden Nachhaltigkeitsbewertung für eine 50- jährige Lebensdauer von Gebäuden: Holz als Baumaterial ist bei der CO2-Bilanz kaum (5 Prozent) ökologischer als Stein – dafür aber teurer. Der Nachhaltigkeits-Check über eine realistische Lebensdauer von 80 Jahren ergab sogar einen ökologischen Vorteil für den mineralischen Baustoff Stein.

Höherer Energiebedarf beim Heizen
Die leichte Bauweise vom Holzhaus hat eindeutige Nachteile: Im Sommer heizt es sich schneller auf. Es wird deutlich – sogar bis zu 2,8 Grad Celsius – wärmer als das Massivhaus aus Stein. Insgesamt hat ein Haus in Holzbauweise einen um mindestens 6 Prozent höheren Energiebedarf als ein gemauerter Massivbau aus Steinen.

Aufwendiger Brand- und Schallschutz
Um den erforderlichen Standard beim Brand- und Schallschutz zu erreichen, sind bei Holzbauten entsprechend konstruktive und bautechnische Maßnahmen erforderlich. Der Holzbau ist weder bei Herstellungs- noch Lebenszykluskosten günstiger als Mauerwerk oder Beton. Bei einem Betrachtungszeitraum über 50 Jahre liegen die Kosten pro Quadratmeter Außenwandfläche in Holzbauweise (Holzrahmenbau) bis zu 20 Prozent über den Kosten pro Quadratmeter Außenwandfläche in Mauerwerkskonstruktionen. Bei einer Betrachtung über 80 Jahre sind dies sogar bis zu 30 Prozent.

Wenig Holz im Holzbau
Der tatsächliche Holz-Anteil bei typischen Wohngebäuden in Holzrahmen- bzw. Tafelbauweise liegt bei lediglich 5 bis 10 Prozent. Der Holzbau für Wohngebäude ist heute zu über 82 Prozent von den Holzfertigteil-Bauweisen geprägt. Die Wandaufbauten dieser Holzrahmenkonstruktionen bestehen überwiegend aus Dämmstoffen und Beplankungen – z.B. in Form von Gipskartonplatten, Verbindungsmitteln und Folien.

Zu diesen Inhalten hat das LCEE wissenschaftlich gearbeitet. Das Institut hat Faktenblätter zum Bauen mit Holz erstellt.
> zu den Faktenblättern

Für eine intensivere Auseinandersetzung – u.a. zum Schwerpunktthema „Ressource Wald – Baustoff Holz“ können Sie die Powerpoint als PDF herunterladen.

2016 wurden in BW rund 8,2 Mio. Festmeter Holz eingeschlagen (https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2017069) (Staatswald, Privatwald und Körperschaftswald). Im Durchschnitt sind es 7,5 und 9 Mio. Festmeter. Je nach Dichte des Holzes entspricht dies rund 5 Mio.t.

Gemessen am Steinbedarf des Landes sind das rund 5%.

Der Steinbedarf pro Jahr liegt bei rund 100 Mio.t./Jahr (https://www.iste.de/source/xx_PDF-Dateien/ISTE_Massenstrome.pdf). Damit wird deutlich, dass die Initiative des MLR den Holzanteil nur im einstelligen Prozentbereich steigern wird. Insofern hält sich der Effekt auf die notwendige Rohstoffsicherung für mineralische Rohstoffe sicherlich in Grenzen.