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28. November 2023

26. Steine- und Erdenseminar: Baustoffindustrie ist Partner der Energiewende

Die Energiekrise wirft ihre Schatten auch auf die Baustoffindustrie voraus. Dass sie zu ihrer Lösung beitragen kann, war bestimmendes Thema beim 26. Steine- und Erdenseminar in Stuttgart am 28. November 2023 – Stichwort: Freiflächen-PV-Anlagen an Land und auf dem Wasser. Über deren Chancen und Hürden sowie Genehmigungsverfahren sprachen zahlreiche Referent:innen von Regionalverbänden, Forschungsinstituten und Verwaltungsbehörden.

Ziel des jährlich stattfindenden Steine- und Erdenseminars ist es, Vertreter:innen von Industrie, Verwaltung, Behörden und Ingenieurbüros zu den Genehmigungsverfahren zu Vorhaben der Rohstoffindustrie zu informieren. Zum Beispiel zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Photovoltaikanlagen an Land und auf Baggerseen oder von Recyclinganlagen in Betriebsstätten.

Wie ist der Forschungsstand zu schwimmenden Photovoltaik-Anlagen?

Die Perspektive eines Landratsamts als Genehmigungsbehörde stellte Dezernent Adrian Schiefer vom Landratsamt Sigmaringen vor. Er empfahl den anwesenden Kieswerk- und Steinbruchbetreibern, immer im Austausch mit den Behörden zu bleiben. „Im guten Miteinander kann man gute Lösungen finden,“ betonte er. Neben Empfehlungen gab der Dezernent eine Übersicht über die Nutzungsmöglichkeiten eines Baggersees, Steinbruchs oder einer Kiesgrube während der Rohstoffgewinnung. Eine davon seien schwimmende PV-Anlagen – auch Floating PV-Anlagen genannt (FPV). Problematisch sei, dass es dazu derzeit zu wenig Forschung gebe.

Um Licht ins Dunkel zu bringen, stellte Klaus Jürgen Boos vom Büro für Gewässerkunde und Landschaftsökologie (BGL) aus Saarbrücken eine Literaturstudie vor, die er im Auftrag des Bundesverbands Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO) durchgeführt hatte. Darin verglich und untersuchte er Studien zu den Auswirkungen von PV-Anlagen auf die Ökologie des Sees. Ergebnis: PV-Anlagen unter einer Belegung von 40 Prozent der Seefläche sind unproblematisch und wirken den negativen Effekten des Klimawandels sogar entgegen. Zu diesem Ergebnis kam auch Dr. Joachim Bley, Abteilungsleiter der Abteilung Wasser, Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg aus Karlsruhe, der die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Umweltauswirkungen von FPV und deren Konsequenzen vorstellte.

Dr. Karoline Baltins vom Institut für Solare Energiesysteme (ISE) aus Freiburg im Breisgau untermauerte in ihrem Vortrag diese Ergebnisse: „Floating PV-Anlagen haben zahlreiche Vorteile: Zum Beispiel, indem sie den See kühlen und mehr Strom produzieren als PV-Anlagen auf dem Dach.“ Zudem gebe es keine Landflächennutzungskonflikte. Nachteile der Anlagen seien der erhöhte Montageaufwand, die Korrosion und die geringe Langlebigkeit.

Weitere Themen: Energiewende aus Sicht eines Regionalverbands, Geologiedatengesetz, Genehmigungsrecht für Baustoffrecyclinganlagen und GisInfoService

Pilotregion für FPV: Flächensicherung am Mittleren Oberrhein

Dass BANANAs – ein Akronym für „Build Absolutely Nothing Anywhere Near Anything“ – die Steigerung von NIMBYs („Not In My Backyard“) sind, erfuhren die Teilnehmenden im Vortrag von Dr. Matthias Proske, Direktor des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein. Wie herausfordernd diese gesellschaftliche Entwicklung der grundsätzlichen Ablehnung ist, präsentierte er am Beispiel des Wind- und Solarenergieausbaus.

So haben die Regionalverbände in Baden-Württemberg von der Landesregierung den Auftrag erhalten, insgesamt zwei Prozent der Flächen in ihrer Region für Windkraftanlagen und Solar- und PV-Anlagen zu sichern. Ein wichtiges Puzzlestück dabei: FPV-Anlagen auf Baggerseen. „Die Region Mittlerer Oberrhein möchte in puncto schwimmender PV-Anlagen Pilotregion werden. Wir fordern daher eine Erweiterung der zulässigen Fläche von 15 auf 30 Prozent“, so der Verbandsdirektor.

Geologiedatengesetz: Transparenz geologischer Daten

Birgit Kimmig und Isabel Rumpf vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg (LGRB) skizzierten die Umsetzung des Geologiedatengesetzes, das im vergangenen Jahr das Lagerstättengesetz aus dem Jahr 1934 abgelöst hat. „Zweck des Gesetzes ist es, die geologischen Daten im Land zu sammeln und transparent zu machen. Damit werden zum Beispiel auch geologische Gefahren aufgenommen“, erklärte Isabel Rumpf den Hintergrund des Gesetzes. Unternehmen seien außerdem verpflichtet, dem LGRB ihre Daten zu Bohrungen und geologischen Untersuchungen anzubieten, fügte Birgit Kimmig hinzu.

Genehmigungsrecht für Baustoffrecyclinganlagen

Die rechtlichen Grundlagen zum Genehmigungsrecht für Baustoffrecyclinganlagen in und außerhalb von Abbaustätten stellte Dr. Winfried Porsch von DOLDE MAYEN & PARTNER RECHTSANWÄLTE aus Stuttgart vor. Darin erläuterte er dem Publikum, dass Baustoffrecyclinganlagen fast immer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig seien. Im Gegensatz zu Abbaustätten sind sie jedoch nicht als solche im Außenbereich privilegiert: „Steinbrüche können aufgrund der geologischen Lagerstätten des Gesteins nur dort betrieben werden. Baustoffrecyclinganlagen sind jedoch kein ortsgebundener Betrieb“, erklärte Dr. Porsch. Im Einzelfall könnten Baustoffrecyclinganlagen jedoch auch als „mitgezogener“ Betriebsteil im Außenbereich errichtet werden.

Digitales Genehmigungsmanagement: GisInfoService

Wie das digitale Genehmigungsmanagement GisInfoService funktioniert, stellten Markus Born von DOHMEN, HERZOG & Partner und Jakob Schönwald von Schwenk Zement GmbH & Co. KG vor. Während Markus Born das Programm und seine Funktionsweise in der Theorie erläuterte, stieg Jakob Schönwald in die Praxis ein und verriet dem Publikum die älteste der insgesamt 1800 Genehmigungen des Unternehmens: Sie stammt aus dem Jahr 1913. Diese und viele weitere Genehmigungen ließen sich im GisInfoService einpflegen. Damit eröffne das System die Möglichkeit, Genehmigungen mit ihren Nebenbestimmungen zu hinterlegen und somit den Überblick über komplexe Prozesse zu behalten. Ziel des Systems ist es, dass Unternehmen durch die digitale Verwaltung zeit- und ressourcensparend arbeiten können. Gleichzeitig verbessert es die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Genehmigungsprozessen – etwas, dem sich auch das jährliche Steine- und Erdenseminar verschrieben hat: Im kommenden Jahr zum bereits 27. Mal am 19.11.2024 im GENO-Haus in Stuttgart.