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1. August 2023

Inkrafttreten der Mantelverordnung: Rohstoffindustrie Baden-Württembergs stellt sich den Herausforderungen

Am 1. August 2023 tritt die Mantelverordnung in Kraft. Die Verordnung sieht die Einführung der Ersatzbaustoffverordnung, die Neufassung der Bundes-Bodenschutzverordnung sowie die Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung vor. Damit endet ein über 15 Jahre andauernder Prozess der Forschung und der politischen Diskussion.

Die Einführung der Ersatzbaustoffverordnung verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Die Maximierung der Recyclingquote bei mineralischen Ersatzbaustoffen, ohne dabei den Schutz von Boden und Grundwasser zu vernachlässigen. Die Verordnung legt klare Anforderungen fest, die den Einbau dieser Ersatzbaustoffe in technischen Bauwerken regeln. Sie bietet eine bundeseinheitliche Regelung von Schadstoffgrenzwerten und ermöglicht damit den verantwortungsvollen Einsatz mineralischer Abfälle als Ersatzbaustoffe.

Lange Tradition des Baustoffrecyclings in Baden-Württemberg

ISTE-Hauptgeschäftsführer Thomas Beißwenger verweist auf die Tradition des Baustoffrecyclings in Baden-Württemberg: „Baustoffrecycling ist keine Zukunftsmusik. Seit Jahrzehnten sorgt der ISTE mit seinen über 100 Mitgliedsfirmen im Bereich Baustoffrecycling und weiteren über 200 Mitgliedfirmen im Bereich der Verfüllung von Abgrabungen dafür, dass über 90 Prozent der Recycling-Baustoffe hochwertig im Straßen-, Wege-, Erd- und Schienenverkehrswegebau eingesetzt und damit rund 10 % der mineralischen Primärrohstoffe ersetzt werden können.“ Er fügt an: „Damit dies auch nach Inkrafttreten der Mantelverordnung funktioniert, bringt sich der ISTE seit Jahren intensiv in den politischen Abstimmungsprozess zur Ersatzbaustoffverordnung und der Novelle der Bundes-Bodenschutzverordnung ein.“

Des Weiteren setze sich der ISTE für die Verwendung von Rezyklaten in Produkten wie R-Beton und R-Zement ein. So konnte diese Quote in rund 5 Jahren von 0,1 auf 3 Massenprozent gesteigert werden. Diese noch sehr geringen Anteile zeige aber, wie wichtig die Mantelverordnung für das Stoffstrommanagement ist. Beißwenger verweist in diesem Zuge auf den Bedarf der Gesellschaft: „Ohne unsere heimischen Rohstoffe – egal ob Primär- oder mineralischer Ersatzbaustoff – werden wir die massiven Herausforderungen unserer Gesellschaft nicht ‚erbauen‘ können. Denken wir nur an die Energiewende oder den dringend benötigen Wohnraum.“

QRB startet die digitale Umsetzung der Ersatzbaustoffverordnung mit „qeb.app“

QRB-Geschäftsführer Dr. Bernd Susset beschäftigt sich seit 25 Jahren mit der Mantelverordnung. Von 2002 bis 2010 bereitete der Geologe für das BMU und das Umweltbundesamt die materiellen Grundlagen der Ersatzbaustoffverordnung vor und arbeitet als QRB-Geschäftsführer seit dem Jahr 2010 an der digitalen Umsetzung.

Der ISTE und QRB haben schon im Jahr 2004 auf gemeinsame Initiative mit dem UM eine QRB-Internetplattform zur Umsetzung des damaligen RC-Erlasses aufgebaut, die bis zum 31. Juli 2023 eine Zertifizierung von RC-Baustoffen und den QRB-Produktstatus für Z 1.1 RC-Baustoffe ermöglicht. Nun folgte der nächste Schritt zur Weiterentwicklung dieses Güteüberwachungsmoduls: Die qeb.app –Qualitätsmanagement für den Einbau von Baustoffen Applikation. Sie verfügt als neues Modul eine Einbaukarte. Auch der Release dieser Einbaukarte steht kurz bevor und wird dem Verwender von mineralischen Ersatzbaustoffen Hinweise zu den zulässigen Einbauweisen geben. Diese hängen unter anderem vom Grundwasserabstand, dem Untergrund und der Lage zu Wasserschutzbereichen ab.

Herausforderungen der Ersatzbaustoffverordnung

Der ISTE verweist dennoch auf die massiven Herausforderungen, derer sich Baustoffindustrie aufgrund massiver Fehlstellen in der Ersatzbaustoffverordnung gegenübersehen. So hat der ISTE zusammen mit der Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe in Berlin seit dem Bundesratsbeschluss im Jahr 2021 darauf hingewiesen, dass es in der Ersatzbaustoffverordnung dringenden Korrekturbedarf gibt.

Verringerung der Recyclingquote

Erstens beendet die derzeit vorliegende EBV das Recycling auf Kieslandschaften und Grundgebirgen – das sind rund 20 % der Fläche Baden-Württembergs. Grund dafür ist, dass nun auch für die besten Materialqualitäten Anforderungen an den Untergrund gestellt werden – entgegen alle bisherigen Länderregelungen und obwohl die mineralischen Ersatzbaustoffe nun nach neu entwickelten Verfahren untersucht werden. So konnten bislang die besten Materialqualitäten (z.B. Recycling-Baustoffen Z1.1) sehr häufig auch in umweltoffenen, wasserdurchlässigen Einbauweisen eingebaut werden. Diese Regelung ist nun hinfällig.

Das schließt in einigen Regionen die Verwendung von Recycling-Baustoffen, Bodenmaterialien und anderen mineralischen Ersatzbaustoffen auf kiesigem Untergrund im Grundsatz aus: Das sind nahezu alle Flussgebieten Deutschlands (z.B. Rhein, Neckar, Donau, Voralpengebiet, Weser, Elbe), auf Karstböden (z.B. Schwäbische Alb) oder auf Grundgestein (z.B. Harz, Taunus, Odenwald, Schwarzwald). Die EBV schickt diese Fälle in eine Einzelfallbeurteilung durch die zuständige Behörde – Mehraufwand inklusive.

„Über 90 Prozent der Recycling-Baustoffe werden bislang recycelt. Die jetzige Fassung der EBV sorgt dafür, dass sich diese Quote verringert. Das müssen wir unbedingt verhindern!“ betont Thomas Beißwenger.

 Ausschluss von zahlreichen Ersatzbaustoffen

Zweitens sollte in Kombination mit der Mitgliedschaft in einer Güteüberwachungsgemeinschaft der Produktstatus für alle mineralischen Ersatzbaustoffe und deren ggf. verschiedenen Materialklassen vertretbar sein. So leuchtet es dem ISTE und QRB nicht ein, wieso nur die günstigste Materialklasse RC-1 für den Produktstatus infrage kommt. Thomas Beißwenger gibt zu bedenken: „Warum nicht auch für andere mineralische Ersatzbaustoffe, wie insbesondere Bodenmaterial, Gleisschotter und Ziegelmaterial, die ebenfalls in Zukunft vom QRB überwacht werden und warum nicht auch für weitere Materialklassen, wie z.B. RC-2 oder RC-3?“

Schließlich würden nun durch die neuen Regelungen Anforderungen an mineralische Ersatzbaustoffe und deren unterschiedlichen Materialklassen und dafür zulässige Einbauweisen geregelt. Für jeden mineralischen Ersatzbaustoff bzw. jede Materialklasse in einer spezifischen zulässigen Einbauweise sei damit gewährleistet, dass keine schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt auftreten könnten.